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Rache soll der Gerechtigkeit Genüge tun

Reinhard Haller betont: „Von den pathologischen und bösen Motiven sind die das alltägliche Miteinander bestimmenden normalpsychologischen, durchgehenden Rachemotiven zu unterscheiden.“ Also alle jene, die bei jeder Vergeltungsaktion wirksam sind, zumindest im Hintergrund. Bei jeder Rache, egal, ob sie aus Neid, Hass oder Gekränktheit resultiert, sind die wesentlichen Motivationsfaktoren im Wiederherstellungsversuch des Selbstvertrauens sowie im Ausgleichsgedanken zu finden. Rache ist vielmehr ein primitiver Trieb denn ein humanes Bedürfnis – sie ist verbunden mit dem Verlangen nach Selbstwertstärkung und nach Gerechtigkeit. Daneben sind der Wunsch nach Bestrafung des Schädigers – dieser muss…

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Sucht ist heutzutage keine Sünde mehr

Die sogenannten Normalen verachteten früher Süchtige als Sünder. „Trinkerheilanstalten“ waren im 19. Jahrhundert eingerichtet worden, um die Alkohol-„Sünder“ zur Umkehr zu bewegen. Manfred Lütz weiß: „Die alte Verachtung, die Peinlichkeit der Krankheit, die Scham, das sind noch heute die wichtigsten Hemmungen, die Menschen daran hindern, zur eigenen Sucht zu stehen.“ Doch Sucht ist keine Sünde. Wer sich etwas darauf zugutehalten möchte, nicht süchtig zu sein, der sollte wissen, dass es sogar einen nicht unerheblichen Erbfaktor gibt, für den niemand verantwortlich ist. Außerdem kann jeder Mensch in eine tragische Situation geraten,…

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Grausamkeit will die Unversöhnlichkeit

Der französische Philosoph und Ethnologe Marcel Hénaff beschreibt die Grausamkeit als eine verdoppelte Gewalt. Nämlich als eine „Gewalt in der Gewalt“: „Sie setzt die Absicht voraus, den Gegner durch physischen Schmerz leiden zu lassen und ihn über den Sieg hinaus durch Erniedrigung in Verzweiflung zu stürzen. Die Grausamkeit zeigt den leidenschaftlichen Willen an, die Menschlichkeit des anderen zu vernichten. Wolfgang Müller-Funk erklärt: „Diese mit dieser spezifischen Form von Macht und Gewalt verbundenen Radikalität stellt für Hénaff die eigentliche hermeneutische Herausforderung dar.“ Für den Franzosen wählt die Grausamkeit die Unumkehrbarkeit. Sie…

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Narzissten missbrauchen Andere

In sich selbst verliebt zu sein, ist das möglich? Der Narzissmus ist ein psychologischer Befund. Er entwickelt sich, wenn er ein gewisses Übermaß erreicht, zu einer Persönlichkeitsstörung. Peter Trawny ergänzt: „Der Narzisst beginnt unter sich und seiner Selbsteinschätzung zu leiden. Er verschließt sich vor anderen Menschen, überhöht sich unmäßig und ist schmerzhaft anerkennungssüchtig.“ Narzissten bieten dann den anderen Menschen oft ein verführerisches Schauspiel an Freundlichkeit, so dass sie Aufmerksamkeit erzielen. Sie sind dann aber völlig unfähig, andere in ihrer Andersheit wahrzunehmen. Eine Konsequenz ist dann der Missbrauch der Anderen. Man…

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Essstörungen haben viele Ursachen

Komplexe Krankheitsbilder wie Störungen des Essverhaltens haben immer viele Ursachen, die zudem noch nicht bis ins Letzte bekannt sind. Reinhard Haller weiß jedoch: „Eine Kränkung kann aber Teilursache und eine kränkende Bemerkung Auslöser sein. Vornehmlich dann, wenn diese eine sensible Stelle trifft.“ Bei Ess-/Brech-Störungen ist dies vordergründig meist die Angst, dem heutigen Schönheitsideal nicht zu entsprechen oder die weibliche Rolle nicht erfüllen zu können. Oder zu wollen. Unbewusst lassen sich Selbstwertzweifel, Probleme bei der Identitätsfindung, Gefühle der Sinnlosigkeit, Lebensdefizite, aber auch Depressionen sowie nicht überwundene Kränkungen erkennen. Essstörungen sind, obwohl…

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Der Zweifel am eigenen Ich ist allgegenwärtig

Der Begriff des Stresses ist nichts anderes als ein Code dafür, dass man viele Menschen von klein auf vermisst, vergleicht und auf ihre Tauglichkeit, Leistungsfähigkeit und Geschwindigkeit hin prüft. Joachim Bauer stellt fest: „Die existenzielle Frage, die uns, dem modernen, entfremdeten Menschen heute den Schlaf raubt, ist nicht – die eigentlich wichtigste aller Fragen –, wer wir sind, sondern ob wir gut genug sind.“ Der Zweifel an der eigenen Person, der den Kern der Entfremdung ausmacht, trifft einen Menschen nicht nur von außen, er sitzt auch in seinem Inneren. Denn…

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Das Sein ist besser als das Haben

Menschen bestehen aus Körper und Psyche. Doch wonach streben beide? Michaele Brohm-Badry stellt fest: „Bei der Antwort kommt es darauf an, was der Mensch für uns ist. Ob wir ein positives oder negatives Menschenbild haben, in dem der Mensch des Menschen Wolf ist, Pfahl im Fleische des anderen oder im Grunde gut.“ Michaela Brohm-Badry hat sich hier für die positive Perspektive entschieden. Wonach strebt der Mensch? Bei der Beantwortung dieser Frage beginnt sie mit einem großen Geist, einer Philosophieikone ihrer Studienzeit. Jeder diskutierte damals mit, ob das Sein besser ist…

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Lust und Realität passen nicht zusammen

Von Sigmund Freud stammt der Gedanke, dass das Lustprinzip und das Realitätsprinzip sich feindlich gegenüberstehen. Ungehindertes Schwelgen in den biologischen und psychologischen menschlichen Bedürfnissen entspricht dem Lustprinzip. Es beeinträchtigt die Freiheit der anderen und muss daher durch Regeln und Disziplin, also dem Realitätsprinzip eingedämmt werden. Stuart Jeffries erläutert: „Folgt man Herbert Marcuse, dann ist in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften etwas geschehen, das so kontraintuitiv wie die Quadratur des Kreises und so unwahrscheinlich wie die Existenz des Steins der Weisen ist: Das Lustprinzip hat das Realitätsprinzip absorbiert.“ Der diabolische Geist, den Herbert…

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Nicht jeder kann bei einer Seelenkrise helfen

Joachim Bauer weiß: „Was einem Menschen, der sich in einer seelischen Krise befindet, hilft, ist ruhige Präsenz und ein unaufgeregtes Gespräch darüber, was vorgefallen ist, wie sich die Lage darstellt und was dem Anderen Sorgen macht.“ Nicht jeder ist jedoch gleichermaßen geeignet, einem psychisch belastenten Mitmenschen Hilfe zu leisten. Hilfreich können nur Menschen sein, die selbst nicht in Not sind und sich darüber hinaus beim Hilfesuchenden ein hinreichendes Maß an Vertrauen erworben haben. Oft sind in Angelegenheiten der Seele ungeeignete Helfer am Werk. Sich mit den Problemen anderer zu befassen,…

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Selbst die Empathie birgt tiefe Abgründe

Die Empathie, der man in der Gegenwart wieder ein so hoher Stellenwert zumisst, trägt bei aller Progressivität auch ein problematisches Potenzial in sich. Svenja Flaßpöhler betont: „Es ist richtig und wichtig, das Leiden von Betroffenen nachzuempfinden, mit ihnen mitzufühlen. Nur so erfährt erlittenes Unrecht Anerkennung. Doch ist die reine Empfindung noch keine Moral.“ Nichts kann einen Menschen von der Notwendigkeit des Urteils und der damit einhergehenden Distanzierung entbinden. Denn nicht alles, was man nachempfinden kann, verdient Solidarität und Anerkennung. Als Gefühl birgt die Empathie selbst tiefe Abgründe. Ihre dunkle Seite…

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