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Depressionen können zu einem Suizid führen

Manfred Lütz weiß: „Nicht immer freilich hat die Behandlung Erfolg. Manche Menschen sterben an ihrer Depression durch einen Suizid, eine Selbsttötung. Das passiert nicht selten in der Phase der Besserung, wenn der Antrieb wiederkommt, aber die Stimmung immer noch darniederliegt.“ Der Suizid trifft die Angehörigen tief. Erschüttert sind aber auch die Ärzte und die anderen Therapeuten, die traurig vor der Einsicht in den eigenen Misserfolg stehen. Doch so einfach ist das nicht. Natürlich kann der Suizid eines Patienten Folge eines therapeutischen Kunstfehlers sein. Dann ist er ein Misserfolg des Therapeuten. Im Suizid zeigt sich aber auch die letzte Unberechenbarkeit jedes Menschen, die Ausdruck der Freiheit ist, die seine Würde begründet. Manfred Lütz hat Medizin, Theologie und Philosophie in Bonn und Rom studiert. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Autor zahlreicher Bestseller.

Suizide können bei allen psychischen Krankheiten vorkommen

Sicher muss alles Vertretbare getan werden, um bei einem depressiven Menschen einen Suizid zu verhindern. Denn es ist in der Regel nicht seine Freiheit, sondern seine Krankheit, die ihn sterben lassen will. Manfred Lütz fügt hinzu: „Doch wenn der Suizid dann eingetreten ist, muss man sich klarmachen, dass wir niemals von außen eindeutig sagen können, was nun die trotz Krankheit noch vorhandene Freiheit des Patienten bewirkt hat und was die Krankheit.“

Beides ist von Therapeuten niemals vollständig in den Griff zu bekommen, andernfalls würde die Psychiatrie totalitär. Manfred Lütz fordert: „Humane Psychiatrie muss immer auch auf die Freiheit und Eigenverantwortung des Patienten setzen. Das schließt das Eingehen eines gewissen Risikos ein.“ Suizide können bei allen psychischen Krankheiten vorkommen. Es gibt allerdings bestimmte Standards, die generell einzuhalten sind, wenn man mit suizidalen, das heißt akut selbsttötungsgefährdeten Patienten umgeht.

Menschen mit Suizidgedanken sind in der Regel schrecklich allein

Wichtig ist, dass man Andeutungen des Patienten in diese Richtung immer ernst nimmt. Manfred Lütz ergänzt: „Unerfahrene haben oft die Angst, sie würden Patienten durch konkretes Nachfragen erst auf „dumme Gedanken“ bringen, und vermeiden daher das Thema. Aber das ist grundfalsch.“ Wenn ein Mensch sich mit Selbsttötungsgedanken trägt, dann ist er damit in der Regel schrecklich allein. Mit niemandem kann er darüber reden, mit Fremden ohnehin nicht, Freunde will er nicht beunruhigen und die Angehörigen will er mit einem solchen Thema nicht schockieren.

So brütet er mutterseelenallein über dieser entsetzlichen Frage. Wenn er in einer solchen Lage aber von unsereins konkret gefragt wird: „Haben Sie auch mal lebensmüde Gedanken gehabt?“, dann bricht es manchmal geradezu aus dem Patienten heraus, weil er endlich, endlich dieses zermürbende Thema mit einem anderen Menschen besprechen kann. Und wenn man dann fragt, wann diese Gedanken zuletzt gekommen seien, dann erfährt man nicht selten, dass das gerade mal vor drei Stunden war. Quelle: „Neue Irre!“ von Manfred Lütz

Von Hans Klumbies

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