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Das Sein ist besser als das Haben

Menschen bestehen aus Körper und Psyche. Doch wonach streben beide? Michaele Brohm-Badry stellt fest: „Bei der Antwort kommt es darauf an, was der Mensch für uns ist. Ob wir ein positives oder negatives Menschenbild haben, in dem der Mensch des Menschen Wolf ist, Pfahl im Fleische des anderen oder im Grunde gut.“ Michaela Brohm-Badry hat sich hier für die positive Perspektive entschieden. Wonach strebt der Mensch? Bei der Beantwortung dieser Frage beginnt sie mit einem großen Geist, einer Philosophieikone ihrer Studienzeit. Jeder diskutierte damals mit, ob das Sein besser ist als das Haben, und jeder, zumindest bei ihr im Musikstudium, wusste, die wie Kunst des Liebens tatsächlich geht. Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry ist Professorin für Lernforschung. Sie war langjährige Dekanin des Fachbereichs Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Philosophie und Psychologie an der Universität Trier.

Erich Fromms Denken ist heute brisanter denn je

Erich Fromm (1900 – 1980), der große Philosoph und Psychoanalytiker, hatte ihr und ihren Kommilitonen, diese Weisheiten nahegebracht. Michaela Brohm-Badry stellt erläutert: „Die Texte von Erich Fromm sind mir im Laufe der Zeit zunehmend wichtig geworden, vielleicht weil unsere Zeit flacher geworden ist, entfremdet. Weil wir weiter weg sind von uns selbst – ein Zukunftsszenario, vor dem er oft gewarnt hat. Und so ist sein Denken heute vielleicht brisanter denn je.“

Einen großen Teil seines Lebens hat Erich Fromm der Frage gewidmet, wonach Menschen streben. Seine Antwort ist, dass Menschen ihr Leben lang danach streben, sich zu vereinen und sich in ihrer Ganzheit zu fühlen. Michaela Brohm-Badry erklärt: „Demnach befinden wir uns bis zum Tod ständig auf dem Weg dorthin und in Wachstums- und Wandlungsprozessen. Somit kann das Leben als Entwicklungsprozess auf das hin verstanden werden, was der Mensch potentiell ist.“

Die aktive innere Tätigkeit führt zur Selbstentfaltung

Dieses Wachstum erreichen Menschen durch Aktivität, die man aber nicht im Sinne von Geschäftigkeit verstehen soll, sondern als produktiver Gebrauch der menschlichen Kräfte, als inneres Tätigsein. Erich Fromm schreibt: „Tätigsein heißt, seinen Anlagen, seinen Talenten, dem Reichtum menschlicher Gaben Ausdruck zu verleihen, mit denen jeder – wenn auch in verschiedenem Maß – ausgestattet ist.“ Sich demnach selbst zu entfalten durch das aktive innere Tätigsein.

Erich Fromm schreibt: „Es bedeutet, sich selbst zu erneuern, zu wachsen, sich zu verströmen, zu lieben, das Gefängnis des eigenen isolierten Ichs zu transzendieren, sich zu interessieren, zu lauschen, zu geben.“ Die Energie für diese aktiven Prozesse entstammt weniger der körperlichen als vielmehr der psychischen Energie. Diese wird daraus gezogen, sich auf die Welt zu beziehen, interessiert an ihr zu sein. In Situationen, in denen man jemanden liebt oder etwas sehr Anregendes liest oder sieht, kann man so Erich Fromm, diese Energie wahrnehmen. Quelle: „Aufbrechen“ von Michaele Brohm-Badry

Von Hans Klumbies

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