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Die Zeit verrinnt im Alter immer schneller

Je älter ein Mensch wird, desto schneller verrinnt seine Zeit. Andras Salcher blickt zurück: „In der Kindheit fehlte uns noch jedes Gefühl für die Zeit, die Sommerferien dauerten endlos lange, die Zukunft erschien uns in weiter Ferne.“ Erst in der Pubertät ahnte man, dass jedes Leben endlich ist. Man fühlte sich davon aber nicht wirklich betroffen. Der Tod eines Verwandten oder Haustieres irritierte einen zwar kurzfristig, den Bezug zur Endlichkeit des eigenen Lebens erfasste man freilich nicht. Mit 30 Jahren sind viele Menschen noch angenehm überrascht, wie wenig ihnen dieser runde Geburtstag ausmachte. Mit 40 kam dann allerdings die Bestätigung, dass alle recht hatten, die meinten, dass das Leben umso schneller verfliegt, je älter man wird. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Autor von Bestsellern und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

Für den Säugling ist alles neu

Um ein Gefühl für die Zeitwahrnehmung zu bekommen, reicht schon die Erinnerung an einen dreiwöchigen Urlaub am selben Ort. In der ersten Woche entdeckt man eine Menge neuer Dinge, erkundet die Umgebung und probiert unterschiedliche Restaurants aus. Ab der zweiten Woche stellt sich Routine ein, und die dritte Woche vergeht wie im Flug. In dieser Erfahrung liebt einer der beiden Gründe, warum die Zeit scheinbar immer schneller vergeht, je älter man wird.

Andreas Salcher stellt fest: „Für den Säugling ist alles neu – eine Premiere. Dann tauchen einige dauerhafte Strukturen auf: Hunger, satt, schlafen und wachen, Vater, Mutter, erste Schritte.“ Der Lebensabschnitt ab der Pubertät lässt einen dann bedeutsame Premieren wie die erste Liebe, den ersten Sex, den ersten Urlaub ohne Eltern, den ersten Job oder das Abitur erleben, an die man sich sein ganzes Leben lang erinnern kann. Je älter man wird, desto herausfordernder wird es, neue Premieren zu schaffen.

Ohne Premieren verläuft das Leben eintönig

Für einen 72-Jährigen könnte der Reiz darin liegen, bestimmte, scheinbar bekannte Dinge immer wieder durch bewusste Aufmerksamkeit wiederzuentdecken. Andreas Salcher betont: „Je weniger Premieren uns gelingen, weil wir glauben, schon alles entdeckt zu haben, desto eintöniger verläuft das Leben.“ Die Jahre beginnen dahinzuschmelzen. Der zweite Grund für das Verrinnen der Zeit liegt im Verhältnis zwischen dem aktuellen Alter einer Person und der bereits abgelaufenen Lebenszeit.

Für einen 60-Jährigen erscheint daher ein neues Lebensjahr zwangsläufig kürzer als für einen Zehnjährigen, weil er es in Relation zu den 59 verstrichenen Jahren erlebt. Der Zehnjährige empfindet ein Lebensjahr dagegen deutlich länger, weil er es an den ersten neun vergangenen misst. Diese beiden Ursachen für das immer schnellere Vergehen der Zeit sind miteinander verknüpft, und sie wirken unbewusst. Hat man sie aber verstanden, kann man diesem Phänomen durchaus effektiv entgegenwirken. Eine Anregung bietet Viktor E. Frankls Kernthese, dass ein Mensch auf die äußeren Umstände, die ihm widerfahren, keinen Einfluss hat, sehr wohl aber darauf, wie er damit umgeht. Quelle: „Das ganze Leben in einem Tag“ von Andreas Salcher

Von Hans Klumbies

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