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Das Glück ist keine Insel

Erstens ist Geld ist am Ende des Tages nicht nur ein leeres Glücksversprechen, sondern scheint sogar das Gegenteil zu bewirken. Maren Urner weiß: „Wir kennen sie alle, die Vorstellung, dass Geld dafür sorgt, dass wir die kleinen Freuden des Lebens weniger genießen.“ Und hier ist vielleicht am ehesten der Ausdruck des „Verlernens“ angebracht. Zum ersten Mal wissenschaftlich belegt hat die Idee, dass Geld den Zugang zu den kleinen Freuden im Leben erschwert oder gar verwehrt, ein internationales Forscherteam im Jahr 2010. Je wohlhabender ihre Probanden, desto geringer ihre Fähigkeit, alltägliche positive Erfahrungen zu würdigen. Mit anderen Worten: Ein Zugang zu den vermeintlich besten Dingen im Leben wie der Spritztour im Privatjet zur Pariser Weinprobe verschlechtert die Fähigkeit, die kleinen Freuden des Lebens zu genießen. Dr. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln.

Beim Glück geht es nicht um die Intensität

Ein zweiter Irrtum besteht in der Vorstellung, Glück sei eine Insel. Also ein Ort oder Ziel, an dem man – einmal dort angekommen – für immer verweilen kann. Der US-amerikanische Psychologe Daniel Gilbert und Autor des Bestsellers „Ins Glück stolpern“ erklärt es so: „Beim Glück geht es nicht um die Intensität der Erfahrungen, die wir machen, sondern um die Frequenz.“ Also glücklich bis ans Ende seiner Tage funktioniert nur, wenn man nur noch drei Minuten zu leben hat.

Anknüpfend daran, greift Nicholas Epley, US-amerikanischer Sozialpsychologe und Verhaltensforscher, den dritten Irrtum bei der Glücksuche auf: Es geht nicht um die Intensität, sondern um die Frequenz. Maren Urner erläutert: „Der Forscher vergleicht unser Glücks- und Zufriedenheitsempfinden mit einem löchrigen Reifen, der immer wieder aufgepumpt werden muss, damit ihm nicht die Luft ausgeht.“ So seien die kleinen Freuden im Alltag die Luftpumpe des eigenen Glücksempfindens.

Maren Urner vergleicht Glück mit anderen biologischen Funktionen

Maren Urner möchte noch einen Schritt weitergehen und den Vergleich mit sämtlichen anderen biologischen Funktionen ziehen: „Wie können ja auch nicht einmal tief atmen, um dann nie wieder atmen zu müssen, oder so viel essen oder trinken, dass wir bis ans Lebensende ausgesorgt haben. Glück und Zufriedenheit sind – egal, wie man sie misst – auf neurowissenschaftlicher und biologischer Ebene eben nichts weiter als eine von vielen Körperfunktionen, die einen Menschen am Leben halten.

All das bringt Maren Urner zurück zu den hoffnungslosen Studierenden, die nicht symbolisch, sondern beispielhaft die für „persönliche Krise“ der Gegenwart stehen. Wie kann es sein, dass sich in wenigen Jahren der mentale Zustand der jungen Menschen so verschlechtert hat? Diese Frage stellen sich Wissenschaftler, Ärzte und Psychologen weltweit. Auf der Suche nach einer Antwort muss man nicht nur über die Frage nach dem Glück sprechen, sondern vielleicht noch größer denken und bei der alles überspannenden Frage nach dem Sinn ansetzen. Quelle: „Raus aus der ewigen Dauerkrise“ von Maren Urner

Von Hans Klumbies

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