Die Digitalisierung erobert die Schule
Die Idee, Smartphones an Schulen zu verbieten, hat in etwa die gleiche Erfolgswahrscheinlichkeit, wie ausgedrückte Zahnpasta wieder in die Tube zurückzubekommen. Andreas Salcher kennt einen Grund: „Vor allem wenn Kinder erleben, wie ihre Eltern und Lehrer selbst in jeder freien Minute auf ihr Handy schauen.“ Die Digitalisierung wird auch vor den Schulen nicht Halt machen. Die Art, wie, wann und wo Schüler lernen, wird sich radikal verändern. Wer heute in einem kleinen Dorf in Asien oder Afrika über ein Smartphone verfügt, könnte mehrere Leben damit verbringen, kostenlose Online-Kurse an den besten Universitäten zu absolvieren. Oder man kann auch an Wikipedia denken, das Sterbehilfe für den guten alten Brockhaus gleistet hat, der in der Realität schon jahrzehntelang in den Bibliotheken verstaubte. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.
Künstliche Intelligenz schlägt menschliche Dummheit
Schulen, die sich wie in der Vergangenheit primär auf sture Wissensvermittlung konzentrieren, wird es so ergehen wie dem Brockhaus. Ein Schulsystem, in dem Lehrer vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Schülern aufbauen, ihnen tieferes Verständnis von Themen vermitteln und sie dabei unterstützen, komplexe Probleme eigenverantwortlich zu lösen, hat dagegen in der Zukunft große Chancen. In einem Punkt ist sich Andreas Salcher völlig sicher: „Künstliche Intelligenz schlägt menschliche Dummheit.“
Denn Kinder, die komplexe Texte nicht sinnerfassend lesen können, werden sowohl bei Aufnahmetests für Universitäten als auch für qualifizierte Jobs chancenlos gegen künstliche Computerintelligenz sein. Idealerweise wird menschliche aber nicht mit künstlicher Intelligenz konkurrieren, sondern kooperieren. Andras Salcher nennt ein Beispiel: „Bei der Diagnose von Krankheiten auf Ultraschallbildern bringt die Kombination von Computeranalyse und menschlicher Urteilskraft die besten Ergebnisse.“
Die Schule muss den Schülern eine breite Medienkompetenz vermitteln
Wo, wenn nicht in der Schule, soll Schülern eine breite Medienkompetenz vermittelt werden, die Voraussetzung dafür ist, um sich in der digitalen Welt selbstverantwortlich und risikobewusst bewegen zu können. Kindern und Jugendlichen digitale Geräte zu geben und sie damit allein zu lassen ist gefährlich. Sie total zu verbieten ist nicht realistisch. Daher sollen die Chancen und Gefahren von Social Media von kompetenten Lehrern aus unterschiedlichen Perspektiven aufgezeigt werden. Schüler sollten früh den kritischen, reflektierten Umgang mit Inhalten im Web lernen.
Sie sollten zum Beispiel lernen, wie man Informationen überprüfen kann oder wie man die Auswirkungen von Postings und Chats sowie von Algorithmen und Chatbots einschätzen kann. Andras Salcher stellt fest: „Untersuchungen zeigen, dass ohne Begleitung das Smartphone für niedrige soziale Schichten negative Wirkungen hat, für höhere soziale Schichten positive. Die Schere geht also auseinander, wenn wir uns in der Schule nicht mit Kindern und ihren digitalen Geräten aktive auseinandersetzen.“ Quelle: „Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde“ von Andreas Salcher
Von Hans Klumbies