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Hass ist extrem schwer zu steuern

Für Aristoteles ist Hass mehr eine ethische Empfindung als eine schmerzhafte Erfahrung. Er könne, wenn er sich gegen Verbrecher richte, durchaus ein angenehmes Gefühl moralischer Überlegenheit vermitteln. Letztlich hält Aristoteles – so eine weitere resignative Erkenntnis –, den Hass für unheilbar. Reinhard Haller erklärt: „Hier kommt einmal mehr der zwischenmenschliche Aspekt des Hasses zum Ausdruck.“ Mehrheitlich halten die Philosophen den Hass für eine Leidenschaft, also eine intensive, das gesamte Verhalten bestimmende und vom Verstand nur schwer zu steuernde emotionale Reaktion. Damit stellen sie eine tiefe Verwurzelung im Gemütsleben, seinen triebhaften und nahezu suchtartigen Charakter, besonders aber sein langfristiges Dahinwuchern in den Mittelpunkt. Der Hass niste sich wie jede Leidenschaft immer tiefer ein und sei von hartnäckigem Bestand, meint etwa der Aufklärer Immanuel Kant (1724 – 1804). Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

Hass ist eine destruktive Emotion

Wie andere Philosophen grenzt Immanuel Kant den Hass vom Affekt ab, welcher „übereilt eintrete und unbesonnen sei“ und folgert: „Die Leidenschaft des Hasses aber nimmt sich Zeit, um sich tief einzuwurzeln und es seinem Gegner zu denken.“ Während der Affekt wie ein Wasserstau wirke, der den Damm durchbreche, seien Leidenschaften wie der Hass mit einem stetig dahinfließenden Strom vergleichbar, der sich in seinem Bett immer tiefer eingräbt.

Reinhard Haller weiß: „Die Philosophie hat noch einem anderen wichtigen Aspekt des Hasses, nämlich seinem gefährlichen Mischverhältnis aus Rationalität und Emotionalität, ihr Augenmerk geschenkt.“ Die sich im Hass ergebende Bindung von emotionalen und kognitiven Anteilen, also die Verquickung eines hassvollen Gedankens mit einer destruktiven Emotion, spricht der jüdisch-niederländische Philosoph Baruch de Spinoza (1632 – 1677) an: „Hass ist nichts anderes als Unlust, verbunden mit der Idee einer äußeren Ursache.“

Hass zielt auf die Vernichtung des anderen ab

Hass ziele, auch das ist eine beunruhigende Erkenntnis des Denkers, im Unterschied zu Eifersucht, Gier oder Neid auf die Vernichtung des anderen ab. Man spreche dem Gehassten, welcher als Ursache des eigenen Unglücks gesehen werde, jede Existenzberechtigung ab. Gehasst werde der, den man nicht mag, der Unlust verursacht – und den wolle man beseitigen. Baruch de Spinoza hat aber schon damals aufgezeigt, wie man den Hass überwinden könne, nämlich durch Transparenz und Therapie.

Baruch de Spinoza schreibt: „Hat man eine adäquate Idee von dem, was uns emotionalisiert und das Unglück verursacht, will man den anderen nicht mehr beseitigen.“ Der österreichisch-britische Philosoph Aurel Kolnai (1900 – 1973) beschreibt Hass als ein Gefühl von Feindschaft, Widerstreben, Ablehnung und negativer Einstellung gegenüber anderen, welches tief und beherrschend in der Seele wurzelt und eine Tendenz zur „Vernichtung“ des Gehassten beinhalte. Hass sei im Gegensatz zu Zorn oder Ekel eine verfestigte Haltung, eine „starke einheitliche Gefühlsbewegung“, welcher häufig Erfahrungen von Missachtung und Ohnmacht vorausgehen. Quelle: „Die dunkle Leidenschaft“ von Reinhard Haller

Von Hans Klumbies

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