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Schulen sollten Freude bereiten

Schulen brauchen kein Lob der Disziplin, denn Disziplin ist kein Selbstzweck, sie gehört gemäß der Definition des griechischen Philosophen Platon nicht zum kleinen Kreis der großen Tugenden. Joachim Bauer fordert: „Schulen sollen den Kindern und Jugendlichen durchaus möglichst viel Freude bereiten. Schulen sollen Lebensräume, junge Menschen motivierende Biotope sein.“ Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nicht alles, was sich ein Kind oder Jugendlicher in der Schule aneignen sollte, nur Spaß machen kann. Kinder und Jugendliche, die einer Laissez-faire-Pädagogik ausgesetzt waren, sind im späteren Leben weniger selbstbewusst. Und zwar nicht, weil sie keine inspirierenden Selbst-Elemente in sich tragen, sondern auch deswegen, weil sie sich nicht an gesteckten Zielen bewähren konnten. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.

Resonanzen wirken wie selbsterfüllende Prophezeiungen

Kinder und Jugendliche wollen bei ihren Eltern und Mentoren eine „natürliche Autorität“ spüren. Joachim Bauer erläutert: „Die Resonanzen, die Kinder und Jugendliche in der Schule von ihren Lehrkräften erhalten, sind von überragender Bedeutung. Sie sagen dem Kind etwas über sich selbst und, noch bedeutsamer, über seine Zukunft.“ Resonanzen haben die Kraft einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, sie öffnen oder schließen Möglichkeitsräume. Entscheidend ist dabei, dass ein Kind erlebt, dass man ihm einen Möglichkeitsraum aufzeigt, in den er sich hineinentwickeln kann.

Lehrkräfte sollten jedoch keine Schönfärberei betreiben, sie müssen bestehende Probleme benennen und durchaus sagen dürfen, wenn Leistungen nicht dem entsprechen, was sie sich wünschen. Damit Schulen sich zu Lebensräumen entwickeln, in denen sich Schüler wohlfühlen und Lehrer gerne arbeiten, muss man Schulgebäude sanieren oder modernisieren. Zudem muss man die Klassen verkleinern und die Lehrkräfte so aus- und weiterbilden, dass sie die Kunst, einen beziehungsorietierten Unterricht zu gestalten, beherrschen.

Lehrer brauchen Unterstützung

Lehrkräfte üben, jedenfalls unter den in Deutschland gegebenen Bedingungen, einen der schwersten Berufe aus. Was sie so viel Kraft und Energie kostet, ist nicht das Lehren an sich. Sondern es ist die Aufgabe, im Klassenzimmer eine Situation herzustellen, in der Lehren und Lernen überhaupt erst einmal beginnen kann. Und das heißt, mit ihrer Klasse eine Arbeitsbeziehung herzustellen und aufrechtzuerhalten. Die Schwierigkeit, die Lehrkräfte mit dieser Beziehungsgestaltung haben, erklärt, warum sie in besonderem Maße von stressbedingten Gesundheitsstörungen betroffen sind.

Die Person der Lehrkraft ist – neben den Eltern – der Dreh- und Angelpunkt aller Pädagogik, eine Erkenntnis, zu der auch eine von John Hattie vorgelegte Metaanalyse („Visible Learning“) gelangte. Um ihre Aufgabe wahrzunehmen und im Klassenzimmer „natürliche Autorität“ entwickeln zu können, brauchen Lehrer Unterstützung. Diese sollten sie von Eltern und von der Gesellschaft als Ganze erhalten, die sie sich aber auch gegenseitig geben müssen. Quelle: „Wie wir werden, wer wir sind“ von Joachim Bauer

Von Hans Klumbies

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