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Philosophische Lustkonzepte von Platon bis Freud

Das Buch „Lust. Perspektiven von Platon bis Freud“ von Wolfgang Rother bietet eine kleine Einführung in die Lustlehren ausgewählter Denker. Die Lust zählt seit der Antike zu den Grundbegriffen der Philosophie. Der Autor beginnt seine philosophischen Forschungen über die Lust bei Platon, für den die Lust an sich nicht schlecht ist, sondern nur die unersättliche, maßlose Lust. Die wahre Lust ist für Platon die Lust am Schönen und Vollendeten, die mit Vernunft und Einsicht gemischte Lust, die Lust an der Philosophie, an den Wissenschaften, an der Kunst und an den richtigen Meinungen. Wolfgang Rother ist Privatdozent für Philosophie an der Universität Zürich.

Pietro Verri: „Diskurs über die Natur der Lust und des Schmerzes“

Nachdem Wolfgang Rother die Gedanken über die Lust der Philosophen Aristoteles, Epikur, Thomas von Aquin und Lorenzo Valla vorgestellt hat, widmet er das längste Kapitel des Buchs Pietro Verri, für den keine Lust ohne vorausgegangenen Schmerz denkbar ist. Graf Pietro Verri gehört zu den bedeutendsten italienischen Philosophen des 18. Jahrhunderts. 1781 veröffentlichte der Philosoph seine Diskurse den ersten Teil einer philosophischen Trilogie mit dem Titel „Diskurs über die Natur der Lust und des Schmerzes“.

Das epikureische Lustprinzip bestimmt laut Pietro Verri alles menschliche Handeln: „Wir Menschen lieben die Lust und fliehen den Schmerz.“ Er zieht allerdings, nachdem er die Natur des Schmerzes untersucht hat, ein trauriges Fazit: „Wir empfinden in unserem Leben mehr seelische Schmerzen als seelische Freuden.“ Für Pietro Verri kann die Summe der Lustempfindungen niemals die Summe der Schmerzen übersteigen.

Der Mensch soll die größte Lust in die Welt bringen

Nach dem Kapitel über Immanuel Kant oder die Lust des guten Geschmacks und der stets guten Laune stellt Wolfgang Rother den Philosophen Karl Leonhard Reinhold vor, der den Sieg der Freiheit über die Lust besingt. Für Karl Leonhard Reinhold liegt der Bestimmungsgrund der sittlichen Handlung in der Freiheit. Er liegt niemals im Vergnügen. Das Vergnügen kann erst auf eine sittlich gute Handlung folgen. Deshalb kann die Lust nicht Grund oder Motiv moralischen Handeln sein.

Nachdem Wolfgang Rother die Lustprinzipien bei Georg Friedrich Wilhelm Hegel und Gustav Theodor Fechner vorgestellt hat, beschießt er seine kluge philosophische Einführung in das Thema der Lust mit einem Ausflug in die erotische Welt Sigmund Freuds. Die unbewussten seelischen Vorgänge werden laut Sigmund Freud vom Lust-Unlust-Prinzip beherrscht. Die Seele strebt demnach generell auf Lustgewinn und vermeidet Handlungen, die Unlust erzeugen.

Das schönste Zitat des Buches hat Wolfgang Rother an den Anfang des Kapitels über Gustav Theodor Fechner gesetzt, der die Universalität der Lust betont. Gustav Theodor Fechner schreibt in seiner Schrift „Ueber das höchste Gute“: „Der Mensch soll, so viel an ihm ist, die größte Lust, das größte Glück in die Welt überhaupt zu bringen suchen; ins Ganze der Zeit und des Raumes zu bringen suchen.“

Lust
Perspektiven von Platon bis Freud
Wolfgang Rother
Verlag: Schwabe
Broschierte Ausgabe: 152 Seiten, Auflage: Oktober 2010
ISBN: 978-3-7965-2691-6, 13,80 Euro

Von Hans Klumbies

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