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Niemand kann dauerhaft glücklich sein

Viele Menschen wollen frei und selbstbestimmt sein oder sich zumindest so fühlen. Da passen weder Ernährungsampeln noch Tempolimit in den Plan. Maren Urner erläutert: „Sie suchen den Sinn vielleicht in Grenzerfahrungen, im Besonderen, im nächsten Adrenalinkick, der nie allzu lange auf sich warten lassen sollte.“ Die wichtigste Frage, die sich hinter den Sinn- und Seinskrisen versteckt, ist ja: „Wonach suchen wir alle? Oder anders formuliert: Worum geht es eigentlich?“ Abgesehen von konkreten Zielen, die ein jeder im Leben vielleicht verfolgt, sollen ebendiese Ziele am Ende des Tages dazu führen, dass man sich gut fühlt. Manchen nennen es zufrieden, andere glücklich. So wird Glück oft als ein kurzfristiger Zustand beschrieben, der nur möglich ist, gerade weil niemand dauerhaft glücklich sein kann. Dr. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln.

Es gibt verschiedene Formen des Glücks

Das ist vergleichbar mit der Erkenntnis, dass man die Dunkelheit kennen muss, um Licht wahrnehmen zu können. Dagegen meinen Wissenschaftler, die sich ernsthaft mit der Thematik beschäftigen, mit „Zufriedenheit“ oder auch dem „subjektiven Wohlbefinden“ weniger einen akuten Zustand als einen langfristigen messbaren Daseinszustand, der natürlich gewissen Schwankungen unterworfen ist. Anders formuliert: Ein zufriedener Mensch durchlebt neben Glücksmomenten auch Phasen von Trauer, Angst und anderen negativen Emotionen.

Maren Urner stellt fest: „Seit Jahrtausenden diskutieren Gelehrte und Philosophen darüber, was Glück ausmacht und was es wirklich ist. So sind sich Wissenschaftler mittlerweile vor allem darin einig, uneins zu sein – agree to disagree heißt die klingende englische Formulierung –, wenn es darum geht, eine Glücksdefinition zu finden.“ Dennoch haben sich die Philosophen und Gelehrten auf verschiedene Formen des „Glücks“ geeinigt, die sich wiederum wissenschaftlich untersuchen lassen.

Lebenszufriedenheit zählt mehr als hedonistisches Glück

Der Geschmack von Schokolade, Wein und Gourmet-Menü, der Siegestreffer der Lieblingsmannschaft oder die liebevolle Umarmung. Das sind die Momente, die man vielleicht am ehesten als Glücksmomente oder auch als Vergnügen beschreiben würde und um die es beim hedonistischen Glück geht. Kann man sich ein Leben lang gut fühlen und vergnügt sein? Nein! Und da kommt Glück Nummer zwei ins Spiel: die Lebenszufriedenheit. Sie meint die Bilanz, die man zieht – egal ob auf dem Sterbebett oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Leben.

Auch wenn die Lebenszufriedenheit nicht ganz unabhängig vom hedonistischen Glück ist, misst man mit dem Blick auf die Lebenszufriedenheit mehr als die Summe aller Schokoladen- oder Glücksmomente. Maren Urner weiß: „Stärker noch: Wir können uns gerade vor Schmerzen winden und trotzdem eine hohe Lebenszufriedenheit haben. Mit anderen Worten: Unser Lebenszufriedenheit, die wir ganz intuitiv bewerten können, ist nicht zwangsläufig davon abhängig, wie vergnügt wir unser Leben verbringen.“ Quelle: „Raus aus der ewigen Dauerkrise“ von Maren Urner

Von Hans Klumbies

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