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Junge Menschen brauchen Bezugspersonen

Das Selbst eines Menschen entwickelt sich nicht zu einem kreativen Akteur, wenn ihm kein Ausgangsmaterial zur Verfügung steht. Daher ist es von großer Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche Wahrnehmungs- und Interpretationsstile von Bezugspersonen aufnehmen können. Die Bereicherung des eigenen Selbst durch andere Menschen, die als Modelle dienen oder Ansagen, Botschaften und Angebote vermitteln, bleibt zeitlebens von Bedeutung. Joachim Bauer weiß: „Sie dienen dem Selbst als Ausgangsbasis für eigene Kreativität.“ Durch Transfers von Eltern, Mentoren und Freunden entsteht eine reich gefüllte Innenwelt. Sie ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die Entwicklung der eigenen Identität und Kreativität. Wer vonseiten einer oder mehrerer Bezugspersonen starke Selbsttransfers erlebt hat, ist mit ihnen meistens in besonderer Weise verbunden oder verwickelt. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.

Manche Menschen können Andere nicht anders sein lassen

Typisch sind dabei starke, oft wechselseitige Identifikationen. Zum Beispiel bei einer Tochter oder einem Sohn, die oder der den Weg einer erfolgreichen Mutter oder eines tüchtigen Vaters gehen möchte. Identifikationen können starke Energiespender sein, aber sie können die Beteiligten auch einengen. Der Versuch, einen eigenen Weg zu gehen, kann auch scheitern. Viele Menschen, die oft nur mit einem Vorbild und dessen Werthaltungen extrem identifiziert sind, fallen durch Engstirnigkeit und Intoleranz auf.

Diese Menschen zeichnen sich auch durch eine Tendenz auf, nichts unkommentiert oder unkritisiert lassen zu können. Sie übertragen das in ihnen wirksame Gefühl, nicht abweichen zu dürfen, auf die ganze Welt. Zudem erwarten sie, dass ihre persönliche Identifikation von allen geteilt werden müsste. Joachim Bauer stellt fest: „Sie können Andere nicht anders sein lassen. Besonders Partnerinnen und Partner, aber auch Kinder haben darunter dann zu leiden.“

Kinder brauchen viele Identifikationsfiguren

Es fällt überstark mit einem einzigen Lebensstilmodell identifizierten Personen schwer zu ertragen, dass Menschen unterschiedliche Lebensentwürfe haben dürfen. Joachim Bauer erklärt: „Die wahre, unbewusste Quelle ihrer Wut gegenüber Abweichlern ist der Ärger, selbst eingezwängt zu sein.“ Unter der Oberfläche ihrer überstarken Identifizierung hat sich bereits ein länger bestehender Ärger über die Autoritätsperson angesammelt. Dieser meinen sie treu bleiben zu müssen. Um in späteren Jahren eine solche fatale Fehlentwicklung zu vermeiden, brauchen Kinder eine hinreichend große Auswahl von Identifikationsfiguren.

Dazu zählt Joachim Bauer Erzieher, Verwandte, schulische Lehrkräfte, Ausbilder, Lehrer und Mentoren. Inspirierender Begleiter bedarf der Mensch nicht nur in jungen Jahren, sondern über die gesamte Lebensspanne. Eine Mentorenrolle kommt nicht nur realen Personen zu, sondern auch Büchern, Medienprodukten und Internetquellen. In denen begegnen einem Menschen entweder fiktionale Figuren oder Gedanken, wissenschaftliche Fakten und künstlerische Ideen. Auch sie können den Menschen beeindrucken, beeinflussen und verändern. Quelle: „Wie wir werden, wer wir sind“ von Joachim Bauer

Von Hans Klumbies

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