Idealtypen bilden die Charakerlehre des Fritz Künkel
Fritz Künkel sieht in der Erziehung die charakterbildende Macht par excellence, da jeder Mensch lebenslänglich die Spuren seiner frühen Sozialisation mit sich herumträgt. Man kann einen Charakter nur dann in seinem Innersten verstehen, wenn man die Kindheitsbedingungen kennt, die ihn geprägt haben. Psychologisch gesunde Menschen können seiner Ansicht nach allerdings kaum typologisch fixiert oder erfasst werden.
Angst und Schüchternheit hemmen das Leben des Heimchens
Nur erstarrte Charaktere passen in den Rahmen seiner Typenlehre. Ihren Persönlichkeitsstrukturen verleiht er folgende Gestalten: das Heimchen, der Star, der Cäsar oder Nero sowie der Tölpel. Der Heimchentyp bildet sich heraus, wenn die Umgebung zu hart oder zu weich erzieht und auf ein Kind mit eher verminderter Vitalität trifft.
Es bildet sich dann ein mutloser und verzärtelter Charakter heraus, der seinen Selbstschutz nur durch Fremd- und Selbstverwöhnung zu sichern glaubt. Das Heimchen sieht sich selbst als klein und unselbstständig und fordert die Umgebung auf, ihm beim Tragen der Last des Lebens zu helfen. Andere psychosomatische Symptome des Heimchens sind Angst, Schüchternheit, ein verminderter Aktionsradius sowie Rückzugstendenzen.
Der Typ des Stars zeigt übermäßige Eitelkeit
Auch der Typ des Stars entwickelt sich laut Fritz Künkel aus Verwöhnung und übermäßiger Beachtung des Kindes. Dieser reagiert allerdings im Gegensatz zum Heimchen aktiv auf die ihn einschränkende Umgebung. Er richtet sein Leben auf die Bewunderung durch andere aus und zeigt dabei eine übermäßige Eitelkeit. Er geht davon aus, dass nur der sein Freud ist, der ihn anhimmelt. Der Beifall seiner Mitmenschen ist sein eigentliches Lebenselixier. Auf Kritik reagiert der Star mit Angst oder Aggression.
Der Cäsar oder Nero entwickelt sich durch eine harte und lieblose Erziehung, auf die er mit Aktivität und noch größerer Härte antwortet. Sein Eigenwille und sein Eigensinn stehen an erster Stelle. Dieser Typ verfügt ohne Frage über Führungsqualitäten, die allerdings leicht zur Tyrannei ausarten können. Das Selbstvertrauen ist sehr stark betont, das in krankhaften Fällen als Überkompensation extremer Minderwertigkeitsgefühle dient. Freundschaft, Dankbarkeit und Treue sind ihm fremd und sein Innerstes verbietet ihm, Gefühle zu haben oder zu zeigen. Der Typ des Tölpels zeichnet sich dadurch aus, dass er von einer harten und lieblosen Erziehung erdrückt wurde und sich aus Selbstschutz auf sich selbst zurückgezogen hat. Er führt das Leben eines Einsiedlers.
Kurzbiographie: Fritz Künkel
Fritz Künkel wurde am 6. September 1889 in Stolzenberg, im Kreis Landsberg an der Warthe, geboren und war einer der namhaftesten Schüler Alfred Adlers in Deutschland. Nach dem Medizinstudium spezialisierte sich Künkel auf Nervenheilkunde und Psychotherapie und betrieb in Berlin eine gut gehende Praxis. In den Jahren 1928 bis 1935 veröffentlichte er sein sechsbändiges Hauptwerk der „Angewandten Charakterkunde“.
Wegen christlich-nationalistischer Tendenzen bei Fritz Künkel kam es Anfang der 30iger Jahre zur unversöhnlichen Trennung von Alfred Adler. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ließ er sich in Los Angeles nieder und leitete dort ein „Institut für Pastoralpsychologie“. Fritz Künkel starb am 4. April 1956 in den USA.
Von Hans Klumbies