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Es gibt eine Art der „kluger Dummheit“

Heidi Kastner weiß: „Es gibt auch eine Dummheit im Handeln, die sich relativ häufig im zwischenmenschlichen Bereich abspielt und nicht zwingend mit der Entscheidung zur Ignoranz von Fakten in Zusammenhang steht.“ Schon David Wechsler hatte, als er sich mit der Vermessung der Intelligenz abmühte, erkannt, dass rein faktisches Wissen, verbunden mit logischem Denken, nicht alles sein konnte. Manche hatten wenig davon und kamen erstaunlich gut zurecht im Leben, manche, auch die gab es, hatten sehr viel davon und waren weitgehend unbrauchbar, scheiterten im Beruf, scheiterten in Beziehungen und hatten kaum Freunde. Doris Lessing, wie immer Denkverbotsresistent und unbesorgt über mögliche Anfeindungen als Folge ihrer Meinungsäußerung, argumentierte, dass kaum einer so dumm sein könne wie ein Intellektueller. Heidi Kastner ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Seit 2005 ist sie Chefärztin der forensischen Abteilung der Landesnervenklink Linz.

Superkluge verstehen oft ihr Scheitern nicht

Dabei handle es sich um eine Art „kluger Dummheit“, beruhend auf einem ganzen Kopf voll kalter Logik, aber gänzlich ohne die aus Erfahrung gewonnene Erkenntnis. Georg Christoph Lichtenberg, Physiker, Naturforscher und Aphoristiker, schlug im 18. Jahrhundert in eine ähnliche Kerbe, indem er meinte, die Superklugheit sei eine der verächtlichsten Arten von Unklugheit. Was sowohl Lessing wie auch Lichtenberg auffiel, war die unerklärliche Unfähigkeit mancher Menschen, ihre intellektuellen und Wissensressourcen in einer für sie und andere vorteilhaften Weise zu nutzen.

Edward Lee Thorndike, ein US-amerikanischer Psychologe, illustrierte das Problem 1920 mit einem Beispiel, wonach der fachlich kompetenteste Mechaniker als Vorarbeiter scheitern werde, wenn es ihm an der Fertigkeit mangle, mit anderen zu kooperieren und sie in Kooperation zu halten. Heidi Kastner stellt fest: „Eine besondere Fußangel dieser Konstellation liegt darin, dass die Betroffenen ihr Scheitern nicht verstehen: Sie wissen alles, sie können alles, folglich sind sie – so denken sie – besser als die anderen oder zumindest gleich gut.“

Es gibt eine Trias der dümmsten Argumente

Und trotzdem kommen sie beruflich nicht weiter, sind unbeliebt und werden zu allem Übel für ihre intelligenten Äußerungen oft auch noch verlacht. Bei der Trias der dümmsten Argumente handelt es sich um eine unschlagbare Kombination von Pseudo-Begründungen für jede beliebige Situation, mit denen man verlässlich jede Diskussion beenden kann. Denn sie befassen sich eben nicht mit dem Thema, sondern sind so nichtssagend und allgemein gehalten, dass sie einerseits allzeit anwendbar sind und andererseits keine spezifische Replik ermöglich.

Die Trias lautet: 1. „Das war schon immer so.“ 2. „Woanders geht das auch nicht.“ 3. „Wenn das jeder täte, wo kämen wir da hin.“ Gegebenenfalls, aber eher nur im privaten Rahmen, wäre noch ein viertes schlagkräftiges und ebenso nichtssagendes Argument möglich: „Werd´ einmal so alt wie ich.“ Heidi Kastner rät: „Falls es Ihnen nicht peinlich ist, vielleicht für dumm gehalten zu werden: Probieren Sie es, Sie werden erstaunt sein, welch durchschlagenden Erfolg Sie damit bei der Mehrzahl der im Umgang mit staatlichen Institutionen geschulten Mitmenschen für sich verbuchen können.“ Quelle: „Dummheit“ von Heidi Kastner

Von Hans Klumbies

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