Allgemein 

Groll raubt den Willen seine gute Richtung

Groll, das ist die Tatsache, gram sein zu wollen. Und man sieht, wie dieses Gramsein den Platz des Willens einnimmt, wie eine negative Energie an die Steller der positiven Lebensenergie tritt. Es tritt eine Verfälschung des Willens, oder vielmehr eine Hintertreibung des guten Willens ein. Dieses schlechte Objekt beraubt den Willen einer guten Richtung, wie es das Subjekt beraubt. Man muss defokussieren. Cynthia Fleury weiß: „Aber mit dem fortschreitenden Ressentiment wird die Unbestimmtheit größer und die Defokussierung schwieriger. Alles ist kontaminiert. Der Blick fällt auf das, was ihn umgibt, er schweift nicht mehr umher.“ Alles ist ein Bumerang, um das Ressentiment anzufachen. Die Philosophin und Psychoanalytikerin Cynthia Fleury ist unter anderem Professorin für Geisteswissenschaften und Gesundheit am Conservatoire National des Arts et Métiers in Paris.

Ressentiment führt zur „Selbstvergiftung“

Dabei handelt es sich um ein Zeichen, das nicht da ist, um auszubrechen, sondern um im Wiedererleben gefangen zu bleiben. Das Subjekt „nährt sich in seinem Blute“. Es verliert seine Agilität, für welche die Möglichkeit der Bewegung notwendig ist, sei sie körperlich oder geistig. Cynthia Fleury erklärt: „Zu voll, zu eingezwängt, befindet sich das Subjekt an der Grenze zur Übelkeit, und sein sukzessives Erbrechen, seine Schreie werden nichts dagegen ausrichten. Sie werden es nur für eine sehr kurze Zeit beruhigen.“

Friedrich Nietzsche sprach von Vergiftung, Max Scheler von „Selbstvergiftung“, um die schädlichen Wirkungen des Ressentiments zu beschreiben. Diese hat laut Scheler gewisse dauernde Einstellungen auf bestimmte Arten von Werttäuschungen und diesen entsprechenden Werturteilen zur Folge. Cynthia Fleury stellt fest: „Die Wirkung des Ressentiments greift somit den Sinn des Urteils an. Letzteres ist verdorben, von innen zerfressen, verrottet. Daher wird es schwierig, ein klares Urteil zu fällen, obwohl dies der Weg zur Erlösung ist.“

Die Urteilskraft dient der Aufrechterhaltung des Ressentiments

Es geht darum, das Echo, die Aura des Ressentiments zu identifizieren, auch wenn dieser Begriff zu würdig ist, um das zu bezeichnen, was sich hier abspielt. Es handelt sich dabei eher um eine Ausstrahlung, eine sklavische Kontamination, der mit der Zeit Rechtfertigungen finden wird, die diesen Namen verdienen. Cynthia Fleury erläutert: „Die Urteilskraft dient also so der Aufrechterhaltung des Ressentiments und nicht seiner Dekonstruktion. Das ist das Verfahren an diesem Phänomen, welches das mögliche Instrument der Befreiung – die Urteilskraft – als Instrument zur Aufrechterhaltung der Knechtschaft und Entfremdung gebraucht.“

Denn es besteht durchaus eine Knechtschaft gegenüber dem Todestrieb. Die „Sklaven-Moral“ kommt bereit hier zum Tragen, in der Tatsache, sich dem wiederholten Durch- und Nachleben zu unterwerfen. Man kann und muss sich anders ernähren, verdorbene Nahrung ablehnen. Doch hier bevorzugt man die Wahl des Aases. Die Bevorzugung des Verdorbenen ist für das Vorgehen wesentlich, denn das Ressentiment ist für Cynthia Fleury nicht mit einer Gegenwehr, einer Notwehr, einer einfachen Reaktion gleichzusetzen. Quelle: „Hier liegt Bitterkeit begraben“ von Cynthia Fleury

Von Hans Klumbies

Related posts

Leave a Comment