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Die Liebe verwandelt sich in Traurigkeit

Beim Eros handelt es sich um die begehrende Liebe, die an den Mangel geknüpft ist. Philia ist die freundschaftliche Liebe, die eine Wahl einschließt und auf Gegenseitigkeit beruht. Die sich schenkende und völlig selbstlose Liebe nennt man agape. Diese drei sind ziemlich oft eng miteinander verknüpft, daher kommt dann auch die Komplexität und Mehrdeutigkeit von Liebesbeziehungen. Es ist also wichtig, das man lernt, sich selbst zu erkennen und die eigenen wahren Beweggründe zu durchschauen. Frédéric Lenoir warnt: „Man hat das Recht, eine Leidenschaft auszuleben, aber man sollte dabei auch wissen, dass man jede Form von Realismus verliert! – In jedem Fall verlieren wir jegliche Objektivität.“ Und man sollte auch verstehen, dass man nur allzu oft seine eigenen Defizite, Erwartungen und Bedürfnisse auf den anderen projiziert. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

Manchmal wird aus Liebe sogar Hass

Baruch de Spinoza hat das perfekt analysiert. Er definiert die Liebe bündig und sehr treffend als „Lust, verbunden mit der Idee einer äußeren Ursache“. Das trifft für Frédéric Lenoir genau zu: Denn Lust bzw. Freude empfindet man nicht durch die Ursache, sondern durch die Vorstellung, die man sich von ihr macht. Diese Vorstellung kann angemessen oder unangemessen, wahr oder falsch sein. Baruch de Spinoza sagt, dass sich die Liebe früher oder später – wenn die Illusion verflogen ist – in Traurigkeit verwandelt.

Und manchmal verwandelt sich die Liebe sogar in Hass. Dann wirft man dem anderen vor, einen getäuscht oder verraten zu haben. Frédéric Lenoir stellt weiß: „Dieser destruktive Charakter der Liebe ist im Übrigen nicht ausschließlich an die leidenschaftliche Liebe geknüpft.“ Er kann auch in einer Freundschaft oder in einer Eltern-Kind-Beziehung zum Vorschein kommen. Nämlich wenn diese eher auf den Mangel gegründet ist und auf die daraus folgende Vereinnahmung des anderen.

Das Kind soll die Leere der Eltern füllen

Das ist der klassische Fall der Eltern, die ihr Kind nur unter bestimmten Bedingungen lieben. Sie haben ein starkes Besitzgefühl und den Wunsch, dass das Kind das verwirklicht, was sie sich wünschen. So möchten sie über ihre Nachkommenschaft verwirklichen, was ihnen selbst nicht gelungen ist. Wenn ihr Kind versucht, ihrem Einfluss zu entkommen, dann werden sie böse und können sogar die Beziehung vollständig abbrechen. Sie werfen dem Kind vor, dass es sie unglücklich mache und Verrat übe.

Das Kind ist, oft ohne dass die Eltern sich dessen bewusst sind, dazu da, eine Leere oder einen Mangel zu füllen. Frédéric Lenoir erklärt: „Versucht es, der Macht dieser Zuschreibung zu entkommen, wird es zum Verräter.“ Wenn Liebe sich richtig, dauerhaft und tief entfalten soll, braucht man ein Bewusstsein seiner selbst, Erkenntnis, Wohlwollen und Freigiebigkeit. Ob es um den Ehegatten, die Freundin oder um das Kind geht. Immer sollte man dabei im Kopf behalten, dass einem dieser andere nicht gehört. Quelle: „Weisheit“ von Frédéric Lenoir

Von Hans Klumbies

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