Die Sprache hat zwei Funktionen
Menschen sind die einzigen Säugetiere, die eine Sprache entwickelt haben und nutzen können. Thomas W. Albrecht stellt fest: „Die Bedeutung unserer Sprache kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Alles, was wir Menschen erreicht haben, ist mit dem Gebrauch der Sprache verbunden.“ Sprache benutzen Menschen auf zwei unterschiedliche Weisen. Erstens repräsentieren sie damit, was sie erleben. Sie denken, fantasieren und schlussfolgern. Sie führen Selbstgespräche, überlegen, machen Pläne, sortieren ihre Erfahrungen und bewerten diese. So entwickeln sie fortlaufend ein Modell ihres Erlebens, das auf den Wahrnehmungen ihrer Sinnesorgane beruht. Zweiten benutzen Menschen Sprache, um das, was sie erlebt haben, anderen Menschen mitzuteilen. Diese Aktivitäten bezeichnet man als Reden, Diskutieren, Schreiben, Singen oder Lehren. Thomas W. Albrecht ist Experte für Kommunikation und Rhetorik.
Die Sprache ist stark strukturiert
Thomas W. Albrecht erklärt: „In unserer täglichen Kommunikation sind wir uns der Auswahl der Wörter, die wir verwenden, selten bewusst.“ Wie man seine Wörter auswählt und wie man sie strukturiert, läuft nahezu immer unbewusst ab. Kaum jemand muss in der täglichen Kommunikation darüber nachdenken, in seiner Muttersprache verständliche Sätze zu produzieren. Dennoch ist Sprache entsprechend der grammatischen Regeln stark strukturiert. Es würde sofort auffallen, wenn ein Satz fehlerhaft geformt ist.
Lässt man Satzzeichen aus, verändert man beim Sprechen die Intonation, so kann die Bedeutung des Gesagten variieren. Für ihre Muttersprache haben Menschen ein intuitives Empfinden entwickelt, das natürlich mehr oder weniger ausgeprägt sein kann. Thomas W. Albrecht weiß: „Über unsere Sinnesorgane nehmen wir unentwegt unvorstellbar hohe Mengen an Informationseinheiten auf. Diese gelangen über Augen, Ohren, Haut, Nase und Mund in unser Nervensystem und somit in unser Unbewusstes und werden dort als unbewusste Erinnerungen gespeichert.“
Es gibt eine sogenannte „Tiefenstruktur der Sprache“
Diese Erinnerungen bilden die facettenreiche Gesamtheit aller Erlebnisse eines Menschen, die er im Laufe seines Lebens sammelt. Thomas W. Albrecht erläutert: „Nur einen Teil der Gesamtheit aller Erlebnisse können wir sprachlich darstellen, jedoch nicht alle, da wir nicht für alles Erlebte sprachliche Ausdrücke haben. Für Erlebnisse, die wir sprachlich nicht erfassen können, finden wir keine passende Formulierung.“ Jenen Teil der Erfahrungen, die man sprachlich ausdrücken kann, bezeichnet man als „Tiefenstruktur der Sprache“.
Die Tiefenstruktur ist die vollständige sprachliche Repräsentation des Erlebten. Die Kommunikation der Menschen passiert in der Regel in der Oberflächenstruktur, ohne die Tiefenstruktur zu hinterfragen. Thomas W. Albrecht betont: „Achtsame Sprache ist neugierig und hinterfragt die Tiefenstruktur, sowohl die eigene als auch die des Gesprächspartners.“ Sprachmuster der Oberflächenstruktur, die zu Missverständnissen führen, sind auf Tilgungen, Generalisierungen und Verzerrungen der Tiefenstruktur zurückzuführen. Somit ist jede gesendete Nachricht nur eine „Abkürzung“ dessen, was eigentlich mitgeteilt werden möchte. Quelle: „Die besondere Kraft der achtsamen Sprache“ von Thomas W. Albrecht
Von Hans Klumbies