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Die Definitionen von Einsamkeit sind vielfältig

Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Definitionen von Einsamkeit, die jedoch durchgängig einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Lars Svendsen kennt sie: „Ein Gefühl von Schmerz oder Traurigkeit, eine Selbstauffassung als isoliert oder allein sowie einen gefühlten Mangel an Nähe zu anderen.“ Die meisten Definitionen sind Variationen dieser grundlegenden Züge. Eine solche Definition von Einsamkeit lässt offen, ob sie innere oder äußere Ursachen hat, ob sie Ergebnis der eigenen Konstitution des Individuums oder Resultat der äußeren Bedingungen ist, unter denen das Individuum lebt. Jedoch funktioniert es schwerlich, Einsamkeit aus dem Versagen sozialer Stütze oder Ähnlichem heraus zu definieren, wie es das norwegische Gesundheitsamt tut, da es Menschen gibt, die nach dem normalen Verständnis sozial gut gestützt werden, sich aber dennoch chronisch einsam fühlen. Lars Frederik Händler Svendsen ist Philosoph und Professor für Philosophie an der Universität Bergen. Seine Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.

Einsamkeit ist unabhängig vom Alleinsein

Umgekehrt gibt es eine Vielzahl von Menschen mit schlechter sozialer Stütze, die aber trotzdem nicht nennenswert von Einsamkeit geplagt sind. Lars Svendsen stellt fest: „Es gibt statistische Zusammenhänge zwischen sozialer Stütze und Einsamkeit, aber das ist kein notwendiger Zusammenhang, daher muss Einsamkeit ausgehend vom subjektiven Erleben definiert werden und nicht von objektiven Festlegungen wie der Menge an sozialer Stütze.“ Viele Menschen vermuten, dass Einsamkeit weitgehend deckungsgleich mit dem Alleinsein ist.

Es scheint auch eine verbreitete Annahme zu sein, dass einsame Menschen mehr allein sind und dass diejenigen, die allein sind, häufig auch einsamer sind. Wie Lars Svendsen jedoch weiß, ist Einsamkeit indessen sowohl logisch als auch empirisch unabhängig vom Alleinsein. Es geht nicht darum, in welchem Umfang ein Individuum von anderen Menschen – oder Tieren, was das betrifft – umgeben ist, sondern wie das Individuum seine Beziehung zu anderen erlebt.

Ein sehr starker Schmerz pulverisiert die Sprache

Man kann sagen, dass jeder Mensch immer allein ist, was seine Erfahrung der Welt betrifft. Lars Svendsen erläutert: „Wenn wir einen Vortrag hören und dabei von Hunderten Anderer umgeben sind, sind wir in gewissem Sinne allein, mit den Worten, die wir hören. Auf einem Konzert umgeben von Tausenden Anderer, ist man allein mit der Musik, weil es das eigene Erleben der Musik ist.“ Selbstverständlich teilt man diese Erlebnisse auch mit anderen. Man nimmt ihre Reaktionen auf und kommuniziert mit Worten, Mimik und Gestik, wie man selbst den Vortrag oder das Konzert erlebt.

Aber das Erlebnis wird immer einen privaten Charakter haben, der nicht vollständig mit anderen geteilt werden kann. Auch Schmerzen kann man nicht teilen. Lars Svendsen erklärt: „Werden sie hinreichend stark, zerstören sie die Welt und die Sprache des Betroffenen. Der Schmerz pulverisiert die Sprache.“ Man kann sagen, dass etwas weh tut, wenn der Schmerz aber hinreichend stark wird, verliert man selbst dies Fähigkeit. Einen so starken Schmerz kann man nicht mit jemand anderem teilen. Quelle: „Philosophie der Einsamkeit“ von Lars Svendsen

Von Hans Klumbies

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