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Zur Liebe gehören Streit und Versöhnung

Man sollte die Liebe von Anfang an als Streit und Versöhnung betrachten. Demnach wäre es bedenklich, wenn in der Liebe nicht gestritten würde. Allerdings – es gibt keinen Souverän der Liebe. Peter Trawny stellt fest: „Auch die Haltung, die von vornherein Liebe als Versöhnung, und das heißt Streit, versteht, bleibt machtlos, wenn unerwartete Spannungen auftreten. Es gibt Zerwürfnisse, die Liebende an ihre Grenzen treiben; Auseinandersetzungen, die kaum noch Gemeinsamkeiten ermöglichen.“ Des sind gerade diese Situationen eines wahrhaftigen Liebeskriegs, in denen sich Liebe prüft und bewährt: Zeit der Treue. Liebe ist hart, man ist der oder dem Anderen in seiner Andersheit ausgesetzt. Diese Andersheit wird das eigene Begehren nicht bestätigen, sie wird es kränken, verletzen. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.

Unversehrte Freiheit führt niemals zur Liebe

Peter Trawny erläutert: „Dasselbe gilt für die Geliebte. Sie wird an mir leiden, unglücklich sein, verzagen. Aber nur im Durchgang durch diese bösen Tage erhält Liebe ihre Geschichte, ihre erste und letzte Realität.“ Wer auf seiner Unversehrtheit und Freiheit besteht, wird niemals lieben. Er verwechselt den Genuss oder die Sicherheit der Begegnung mit Liebe. Wahrscheinlich hält er die Geliebte für austauschbar. Er setzt ihre Austauschbarkeit schon voraus, wenn sich nicht erfüllt, was er erwartet hatte.

Dabei ist nur der austauschbar, der die Arbeit der Liebe niemals anerkannt hat, der nicht weiß, dass das Glück der Liebe ihr Unglück in sich aufgenommen hat. Peter Trawny erklärt: „Liebe ist Krieg – ein vermutlich zu harter Satz. Er will sagen, dass Liebe mitten im Krieg ist, allerdings im Liebeskrieg, in einer Konfrontation also, die es eigentlich nur zwischen Liebenden geben kann.“ Denn es ist ja offenbar, dass man nur von seiner Geliebten mit einem Hass getroffen werden kann, der sich auf der Rückkehr der Liebe bildet.

Die Intimität in der Liebe ist notwendig eine Kampfzone

Dieser Hass ist nicht selten Anlass zu Gewalt, Mord und Selbstmord. Doch um gerade diese Katastrophen auszuschließen, muss man wissen, dass die Liebes-Intimität notwendig eine Kampfzone ist. Und dass der einzigartige Friede des gemeinsamen Atmens erst kommen wird, wenn man der oder dem Anderen erlaubt hat, das eigene Herz zu brechen. Die eigentliche Tragödie des Eros im Eros der Tragödie ist „Hippolytos“ von Euripides. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, Sohn des legendären Theseus, den Phaidra, die neue Gemahlin des Theseus, liebt.

Phaidra ist stolz – das treibt das Stück an und die Liebende zuletzt in den Tod. Peter Trawny weiß: „Dieser Stolz ist eine ambivalente Tugend. Einerseits gibt es die in der Stadt wichtigen Familien, die geachteten Besten, die stolz auf sich sind und auch sein dürfen. Andererseits ist Stolz, wenn er hartnäckig wird, ein Gefängnis.“ Man muss sich schämen, wenn man die Haltung verliert. Sich zu schämen ist für Phaidra das Letzte; lieber stirbt sie – allerdings rachsüchtig. Quelle: „Philosophie der Liebe“ von Peter Trawny

Von Hans Klumbies

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