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Wissen alleine führt nicht zur Veränderung

Ulrich Schnabel warnt vor einem Missverständnis: „Wissen alleine führt noch nicht zur Veränderung.“ Das ist ja gerade eine der Irrtümer einer Wissensgesellschaft. Dass zur Veränderung eines Verhaltens vor allem Wissen notwendig ist. In Wahrheit ist es eher umgekehrt. Erst durch die Veränderung eingefahrener Gewohnheiten entstehen neue Einsichten. Denn der Großteil des menschlichen Handelns wird gar nicht bewusst gesteuert, sondern unterliegt automatisierten Routinen. Das gilt für Tätigkeiten wie Essen, Reden oder Schuhe zubinden ebenso wie für Denkgewohnheiten. Die Art, wie Menschen auf die Welt blicken ist durch all die Erfahrung geprägt, die sie im Laufe ihres Lebens gemacht haben, und wie sie ihre Umgebung verstärkt. Und diese Art des Denkens hat sich regelrecht in das Gehirn eingegraben. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.

Gewohnheiten sparen Zeit und Energie

Wer sich verändern will, muss daher immer auch sein Gehirn verändern – und das braucht Zeit und immer wiederholte neue Erlebnisse. Ulrich Schnabel erklärt: „Psychologen gehen heute davon aus, dass 30 bis 50 Prozent unseres täglichen Handelns durch Gewohnheiten bestimmt werden.“ Sie helfen einem Menschen, Energie und Zeit zu sparen. Denn in der Regel denkt er nicht mehr über sie nach. Etwa wenn er immer denselben Weg zur Arbeit nimmt oder zu Hause am Küchentisch immer am selben Platz sitzt.

Gewohnheiten sind ebenso bequem wie hartnäckig. Sie funktionieren sogar ähnlich wie kleine Süchte. Der Neurowissenschaftler Wolfram Schultz sagt: „Wenn wir die Erfahrung machen, dass ein bestimmtes Verhalten zu einer Belohnung führt, wiederholen wir es möglichst oft.“ Damit verstärkt das Gehirn jene Verhaltensweisen, die es wiedererkennt. Es schüttet Botenstoffe aus, durch die sich ein Mensch besonders wohl fühlt. Wolfram Schultz ergänzt: „Belohnungen erzeugen ein neuronal verankertes Verlangen, sie verändern das Gehirn.“

Negative Gewohnheiten sind schwer zu verändern

Das heißt: Einmal eingeübte Gewohnheiten haben eine starke Tendenz, sich selbst zu erhalten. Und das funktioniert bei positiven genauso wie bei negativen Gewohnheiten. Deshalb ist es so schwer, Letztere zu verändern. Wie kann man diesen Mechanismus dennoch durchbrechen? Der erste Schritt zur Veränderung von Denkgewohnheiten besteht darin, sich diese bewusst zu machen. Das heißt: sich selbst aufmerksam zu beobachten und festzustellen, was man eigentlich den ganzen Tag so denkt.

Denn die Vorstellungen und Meinungen, die bewussten Bewertungen einer Situation, laufen im Kopf so schnell und automatisiert ab, dass man diesen Prozess in der Regel gar nicht registriert. So entstehen Vorurteile und Denkschubladen, welche die eigene Perspektive einengen, ohne dass man es bemerkt. Deshalb muss man dem automatischen Prozess der persönlichen Gedankenmuster erst einmal auf die Schliche kommen. Ein Anlass dazu sind zum Beispiel starke Gefühle, die einen scheinbar grundlos überschwemmen. Quelle: „Zuversicht“ von Ulrich Schnabel

Von Hans Klumbies

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