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Unzählige Fragen bestimmen den Alltag

Sich selbst, den eigenen Tonus und das, womit man zu tun hat, zunächst einmal kennenzulernen, bevor man es zu verbessern sucht, ist der erste wesentliche Schritt in Richtung Gelassenheit. Es gibt unzählige Fragen, über die man jeden Tag stolpern kann. Und natürlich wird man nicht allen nachgehen können. Aber sich die eigenen Fragen permanent vom Leib halten zu wollen, ist ebenfalls ziemlich anstrengend. Ina Schmidt erläutert: „Denn eben darum geht es: mitten im Alltag, mitten in der Hektik der eigenen To-dos nach mehr Gelassenheit zu streben und nicht in der Abkehr von dem, was zu tun ist.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative. In dieser macht sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich.

Affektfreiheit darf nicht in Gleichgültigkeit münden

Die innere Seelenruhe erlangt man nur, wenn man den Mut hat, sich auf die Welt da draußen einzulassen. Man muss sich berühren und betreffen lassen, um dann zu entscheiden, was davon wirklich von Bedeutung für eigene Selbst und Handeln ist. Die Ataraxie, also die von den Stoikern angestrebte Affektfreiheit, darf nie so weit gehen, dass sie in eine kühle und unverbindliche Gleichgültigkeit mündet. Aber auch Seneca versuchte nicht, die Menschen zu emotionslosen Robotern zu erziehen. Sondern er mahnte an, dass es nicht die Emotionen sein sollten, die das Ruder bei der Wahl der Handlung eines Menschen übernehmen.

Ina Schmidt gibt zu, dass ein gelassener Mensch nach heutigem Verständnis auch ein Mensch ist, der etwas leidenschaftslos und distanziert erscheinen kann. Damit hat er wenig Zugang zu seiner „sinnlichen“ Seite. Aber darin liegt nur eine Möglichkeit, keine Notwendigkeit. Ina Schmidt erklärt: „Das, was die Tugend der Gelassenheit ausmacht, ist ein maßvoller Umgang mit dem, was wir an Optionen zur Verfügung haben. Und wenn wir uns dann für einen ungewissen Sprung ins Ungewisse entscheiden, wissen wir zumindest, was wir da gerade tun oder lieber lassen.“

Selbstbeobachtung führt zu Gelassenheit

Diese Unterscheidungen sehen zu lernen ist das, womit die Gelassenheit einen Menschen belohnt: einen anderen Blick auf den Umgang mit dem Ungewissen und die Enttarnung der Hütchenspielertricks der Informationsgesellschaft. Ja man kann nicht alles und sollte sich dies auch nicht beständig einreden. Keine Fitnessmethode der Welt wird einem Menschen Jugend und Gesundheit garantieren. Keine Hautcreme kann alle Zeichen der Hautalterung aufhalten. Kein Team ist von morgens bis abends innovativ, hip und leistungsstark.

Eine gelassene Haltung lässt sich nicht herstellen oder durch Leistungsanreize beschleunigen. Das Einzige, was man tun kann, ist, sich selbst zu beobachten, was man warum tut und warum man es tut. Für die europäische Idee von einem guten Leben ist es wichtig, das man eine sichtbare Leistung erbringt. Diese sollte sich sehen lassen können. Letztlich wird ein Mensch dabei zu dem, was er tut. Es herrscht eine Kultur der Hyperaktivität. Ina Schmidt dagegen rät an die Dinge zu denken, die man einfach gerne tut, ohne etwas damit erreichen zu wollen. Quelle: „Das Ziel ist im Weg“ von Ina Schmidt

Von Hans Klumbies

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