Allgemein 

Negative Emotionen verschärfen Konflikte

Wenn es knistert und kracht, sind die Betroffenen ja in der Regel erregt, zumindest emotional stark engagiert. Zu den Gefühlen, die dann hochkommen, zählen Wut, Entrüstung, Trauer, Empörung, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung und Scham. Ruft ein Mensch diese Emotionen auf, ist er „mitten drin“. Und da die spätmoderne Gesellschaft dem Ideal des intensiven Lebens nachjagt, gelten Gefühle als gut und „authentisch“. Dann ist es nicht weit bis zu der Bemerkung, Gefühle hätten eine „überwältigt“. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Wenn man zum Beispiel im Streit laut wird oder weint. Wir verweisen auf die Eigenständigkeit unserer Gefühle und hoffen auf Rabatt. Gerade in Konflikten ist es Brauch, die Verantwortung für ein bestimmtes Verhalten an die Gefühle abzutreten.“ Reinhard K. Sprenger, promovierter Philosoph, ist einer der profiliertesten Führungsexperten Deutschlands.

Die Trennung zwischen „Kopf“ und „Bauch“ ist beliebt

Schon in den Kuschelkulturen der 68er-Generation immunisierte der Rückgriff auf Gefühle gegen jedwede vernünftige Auseinandersetzung. „Das ist halt so mein Gefühl …“ – „Ich empfinde das aber so …“ – und das Gespräch war beendet. Gefühl wurde Kalkül. Wobei früher in der Regel vor allem positive Gefühle willkommen waren, negative nicht. Reinhard K. Sprenger stellt fest: „Das hat sich geändert: die überschießenden Erwartungen an in idealisiertes Leben produzieren vorrangig negative Emotionen, die Konflikte aggressiver machen.“

„Einfach mal was rauslassen!“ – vor allem im Schutz der Internet-Anonymität. Worauf aber will man sich noch verständigen, wenn das „Ich fühle das halt anders als du“ das Gespräch beendet? Reinhard K. Sprenger kritisiert: „Fakten spielen keine Rolle mehr, wenn jeder sich seine eigene Realität aus Gefühlen zusammenbaut. Das wäre das Ende der Aufklärung.“ Die Trennung zwischen „Kopf“ und „Bauch“ ist beliebt, weil Menschen dann für ihr Verhalten nicht verantwortlich scheinen. Sie steht jedoch auf dünnem Eis.

Gefühle und Gedanken gehören zusammen

Gefühle sind physiologische Reaktionen auf Gehirnreize. Menschen können nicht fühlen, ohne zu denken. Und nicht denken, ohne zu fühlen. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Wir machen Erfahrungen, von denen manche uns mehr beeindrucken, andere weniger. Entsprechend dieser Erfahrungen erzeugen wir richtungsgleich emotionale Energien, die wir dann als Gefühle wahrnehmen und die unsere Gedanken energetisch unterfüttern.“ Bisweilen tun sie dies überaus machtvoll, man erlebt sie gleichsam körperlich.

Reinhard K. Sprenger weiß: „Unsere Einstellungen haben also sowohl kognitive als auch eine affektive Komponente. Es gibt keine scharfe Unterscheidung. Aber für Ihre Gefühle sind Sie – nüchtern betrachtet – genauso verantwortlich wie für Ihre Gedanken.“ Beide stehen im limbischen System in enger Verbindung. Die Neurowissenschaften weisen immer wieder den Zusammenhang zwischen Gefühl und Verstand nach. Neuropsychologisch sind Gefühle Bewusstseinsphänomene, die mit körperlichen Empfindungen garniert sind. Quelle: „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies

Related posts

Leave a Comment