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Geld allein macht nicht glücklich

Es war einmal ein Mann, der glaubte, wenn er genügend Geld habe, würde er nicht nur Herr seiner Probleme werden, sondern endlich auch ein glückliches Leben führen. Maren Urner fügt hinzu: „Er würde endlich den Wünschen und Ansprüchen seiner Frau und seinen Kindern genügen, würde sich das leisten können, wonach ihm ist, und sorgenfrei alt werden.“ Mit dieser Vorstellung ist beziehungsweise war der Mann alles andere als allein. Ohne an dieser Stelle Begriffe wie Markt, Kapitalismus und Leistungsgesellschaft bemühen zu wollen: Diese Vorstellung ist grundlegend für das Funktionieren der modernen Gesellschaften, in der viele Menschen leben. Runtergebrochen lässt sich der Gedanke ungefähr so zusammenfassen: Die meisten Probleme lassen sich mit Geld und der damit verbundenen Macht beseitigen oder zumindest verkleinern. Dr. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Köln.

Viele Menschen wollen noch immer etwas mehr

Maren Urner nennt Beispiele: „Das denkt sich der arbeitslose, alleinerziehende Vater, der seinen Kindern endlich mal wieder einen Kurzurlaub spendieren möchte. Das denkt die junge Auszubildende, die seit Jahren auf ein eigenes Auto spart. Und das denkt sich das junge Paar, das soeben die erste Rate des Kredits für die Doppelhaushälfte gezahlt hat.“ Und das denkt eben auch die Multimilliardärin. Denn die Vorstellung von „noch etwas mehr, dann habe ich es geschafft“ kennt im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen.

So ist er der perfekte Motor für den Gedanken, immer „noch ein wenig mehr“ zu wollen. Und für das entsprechende Handeln. Dennoch gibt es Therapeuten, die mit den wohlhabendsten Menschen der Welt zusammenarbeiten. Das können viele Menschen nicht nachvollziehen. Maren Urner gibt zu: „Mir ging es ähnlich.“ Wozu brauchen Menschen, die alles und noch viel mehr haben, Rat von einem Therapeuten? Die breite Öffentlichkeit ist doch der Überzeugung, dass wenn sie eine gewisse Menge an Problemen hätte, sich diese mit Geld lösen lassen würden.

Wer viel Geld besitzt hat noch immer Probleme

Und sie haben diesen Glauben, dass Geld dabei hilft, ihre Probleme los zu werden. Wenn sie dann erfahren, dass dort draußen jemand ist, der viel Geld besitzt und noch immer Probleme hat, zerstört das diese Fantasie. Maren Urner stellt fest: „Das entscheidende Wort lautet natürlich Fantasie. Unsere Vorstellung, Geld löse unsere Probleme, ist nicht nur ein Motor für unser Denken und Handeln im 21. Jahrhundert, sondern gleichzeitig auch eine der grundlegendsten Säulen unseres statischen Denkens.“

Getrieben von dieser Vorstellung arbeiten viele Menschen noch ein wenig härter, um am Ende des Monats noch ein wenig mehr Geld auf dem Konto zu haben. Nur noch ein wenig mehr, dann haben sie es geschafft. Wenn ein Therapeut von den Sorgen und Ängsten der Superreichen berichtet, beraubt er seine Zuhörer dieser Fantasie. Und was passiert, wenn sie einer grundlegenden Vorstellung darüber, wie die Welt und ihr Leben funktioniert, beraubt werden? Dann entsteht eine Leerstelle, ein wackeliges Fundament. Quelle: „Raus aus der ewigen Dauerkrise“ von Maren Urner

Von Hans Klumbies

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