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Das Gehirn ist lebenslang lernfähig

Gerald Hüther weiß: „In unserem Gehirn ist nur das Allernötigste schon fest verdrahtet, wenn wir auf die Welt kommen. Wir müssen erste lernen, wie das Leben geht – am Anfang durch Versuch und Irrtum und später, indem uns andere zeigen und erklären, worauf des ankommt.“ Aber diese Anderen wissen das auch nicht immer ganz genau. Auch sie sind von Anfang an Suchende, genauso wie man selbst. Mit ihrem zeitlebens lernfähigen Gehirn können sie Erfahrungen machen, sich Wissen und Kompetenzen aneignen und Vorstellungen herausbilden, die ihnen helfen, sich im Leben zurechtzufinden. Natürlich kann sich jeder Mensch auf seiner Suche danach, worauf es im Leben ankommt, auch verirren. Und manchmal irren sich sogar die Mitglieder einer menschlichen Gemeinschaft und geraten in eine Sackgasse, werden krank und kommen um, wenn sie dort nicht wieder herausfinden. Gerald Hüther ist Neurobiologe und Verfasser zahlreicher Sachbücher und Fachpublikationen.

Der Mensch ist ein soziales Wesen

Ohne andere Menschen, die sich zumindest am Anfang um ein kleines Kind kümmern und ihm helfen, all das zu lernen, was es später braucht, um sich im Leben zurechtzufinden, würde es bald nach seiner Geburt wieder sterben. Gerald Hüther betont: „Wir sind soziale Wesen und brauchen die Gemeinschaft mit anderen. Deshalb leben alle Menschen schon immer und überall auf der Welt in sozialen Gruppen, in Familienverbänden und Sippen, in Dörfern und Städten.“

Auch jene Erwachsene – meist sind das Männer –, die sich als Eremiten, Aussteiger oder Abenteurer ganz allein durchzuschlagen versuchen, sind gemeinsam mit anderen aufgewachsen. Von den Mitgliedern dieser Gemeinschaften übernehmen die Heranwachsenden deren Wissen und Können, deren Vorstellungen und Überzeugungen, auch die Regeln und Rituale, und alles andere, was das Leben in dieser Gemeinschaft bestimmt und ihren Zusammenhalt gewährleistet.

Die Gemeinschaft regelt das Verhalten

Gerald Hüther ergänzt: „Auch herrscht in all diesen Gruppen eine weitgehende Übereinkunft darüber, worauf es im Leben ankommt, was ihre Mitglieder alles wissen und können sollten und wie sie sich zu verhalten haben.“ Wer diesen Vorstellungen entspricht, wird belohnt und in die betreffende Gemeinschaft aufgenommen. Wer ihnen nicht zu folgen bereit ist, wird bestraft und ausgeschlossen. So war es schon immer und so ist es überall auf der Welt noch heute, auch wenn es in manchen Familien inzwischen weitaus subtiler gehandhabt wird, als das noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war.

Damals hat das Familienoberhaupt oft noch unüberhörbar zum Ausdruck gebracht, was zu tun und zu lassen war. Heute wird miteinander besprochen, wer etwas wann und wie tun sollte, um die Erwartungen der anderen zu erfüllen. Die meisten Erwachsenen können sich gar nicht mehr vorstellen, wie schmerzhaft die Erfahrung für ein Kind ist, von jenen erwachsenen Bezugspersonen, mit denen es sich aufs Engste verbunden fühlt, zum Objekt von deren Erwartungen und Vorstellungen, Maßnahmen und Anordnungen gemacht zu werden. Quelle: „Lieblosigkeit macht krank“ von Gerald Hüther

Von Hans Klumbies

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