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Gefühle wie Gedanken haben einen Inhalt

Anders als Gedanken besitzen Gefühle eine phänomenale Qualität, sie werden aus der Perspektive dessen, der sie hat, auf bestimmte Weise erfahren. Christoph Demmerling erklärt: „Es klänge eigenartig zu sagen, ich habe Angst, fühle das aber nicht. Das Gefühl der Angst ist etwas anderes als der Gedanke, dass man sich gerade in einer gefährlichen Situation befindet.“ Gefühle sind aber nicht nur von Gedanken zu unterscheiden, sondern auch von bloßen Empfindungen wie einem Kälteschauer oder einem Schmerz. Denn anders als Empfindungen haben Gefühle wie Gedanken einen Inhalt, sie sind auf Sachverhalte oder Objekte in der Welt bezogen, sie handeln von etwas und präsentieren Sachverhalte und Objekte in einem bestimmten Licht. Univ.-Prof. Dr. Christoph Demmerling lehrt Philosophie mit dem Schwerpunkt Theoretische Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.

Gefühle wie Gedanken weisen einen Weltbezug auf

Gefühle sind – wie die Philosophen sagen – intentionale Zustände, das heißt sie sind auf etwas gerichtet. Christoph Demmerling erläutert: „Viele Argumente sprechen dafür, dass Gefühle wie Gedanken und im Unterschied zu Empfindungen einen Weltbezug aufweisen, der allerdings anders zu explizieren ist als der Weltbezug eines Gedankens.“ Mit einem Gefühl ist man nicht nur auf etwas gerichtet oder bezogen, etwas präsentiert sich nicht nur als so oder so, sondern in diesem Bezogen-Sein geht es um etwas, jemand ist betroffen, und der Bezug manifestiert sich auf eine qualitative Art und Weise, er wird verspürt.

Christoph Demmerling stellt fest: „Mit qualitativen Erfahrungen eröffnen sich für die Wesen, die sie haben, ein Bedeutsamkeitshorizont. Im Licht eines Gefühls präsentiert sich etwas auf eine bedeutsame Weise als – grob gesprochen – gut oder schlecht.“ Im Fall von Gefühlen sind der intentionale Aspekt und die qualitative Dimension von vornherein miteinander verwoben. Gefühle lassen sich als qualitatives Gewahrsein von etwas auffassen. Anders als ein bloßes Gewahr-Werden oder Sehen ist das Gefühl der Angst auf eine spezifische Weise auf etwas in der Welt gerichtet.

Hass hat zunächst eine durchaus „positive“ Funktion

Für diesen Umstand – man bezieht sich auf etwas im Lichte einer Emotion – hat sich die Rede von einer „affektiven Intentionalität“ eingebürgert. Christoph Demmerling weiß: „Wer ein Gefühl hat, wird von etwas betroffen. Durch ein Gefühl tritt ein Weltausschnitt in den Blick, und Gefühle machen deutlich, was einem wirklich wichtig ist. Das gilt auch für den Hass.“ Ebenso wie andere Gefühle, hat Hass zunächst einmal durchaus eine „positive“ Funktion, indem sich vermöge seiner die Welt in einem bestimmten Licht präsentiert.

Wer hasst, der sieht etwas, was andere nicht sehen. Selbst wenn man das Widerwärtige und Hassenswerte, das der Hassende zu sehen vorgibt, als Ergebnis einer subjektiven Projektion betrachtet, dem auf der Seite des gehassten Objekts keine Eigenschaft entspricht, könnte man dem Hass immer noch einen Erkenntniswert zubilligen: Er informiert den Hassenden darüber, was für ihn auf negative Weise von Belang ist und was nicht gewollt beziehungsweise abgelehnt wird. Quelle: „Feindselige Gefühle“ von Christoph Demmerling in Philosophicum Lech Band 24 „Der Hass“, herausgegeben von Konrad Paul Liessmann

Von Hans Klumbies

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