Gedanken verändern Gefühle und Handlungen
Die bewussten Gedanken eines Menschen spielen eine große Rolle. Sie sind kausal. Das heißt, sie haben die Macht, die persönlichen Gefühle und Handlungen zu verändern. Das mag den meisten Menschen ziemlich klar erscheinen. John Bargh weist aber darauf hin, dass noch vor 100 Jahren die Hauptströmung der Psychologie genau das Gegenteil behauptete. John Watson, der Begründer des Behaviorismus, behauptete damals: „Das Bewusstsein ist tot.“ Warum tat er das? Weil es zu seiner Zeit keine zuverlässigen Methoden zur Messung bewusster Gedanken gab. John Watson hatte nur die introspektiven Berichte freiwilliger Probanden über das, was sie sahen und dachten. Und diese erwiesen sich nicht als sehr zuverlässig. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University. Dort leitet er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory.
Das Bewusstsein spielte bei John Watson keine Rolle mehr
Die verschiedenen Teilnehmer seiner Experimente stimmten nicht darin überein, was sie sahen, obwohl sie dieselben Dinge betrachteten und beurteilten. Ihre Gedanken und Empfindungen zu denselben Dingen unterschieden sich. Und es war sogar so, dass ein und dieselbe Person zu verschiedenen Zeitpunkten etwas anderes sah oder dachte. Heute würde man sagen: Die Ergebnisse ließen sich nicht reproduzieren, was den Wissenschaftlern einiges Kopfzerbrechen bereitete.
John Watson gelangte zu dem Schluss, dass eine wissenschaftliche Psychologie überhaupt nicht mit Introspektion arbeiten oder das Bewusstsein untersuchen sollte. Vielmehr sollte sich die Forschung ausschließlich auf die Eigenschaften äußerer Stimuli und die tatsächlichen Verhaltensreaktionen des Organismus konzentrieren. Sie sollte sich nicht mit Faktoren wie den inneren Gedanken und Erfahrungen befassen. Dieser Ansatz wurde unter dem Namen „Reiz-Reaktions-Psychologie“ bekannt. Aber das war noch nicht alles. Da das Bewusstsein keine Rolle mehr spielte, konnte man stattdessen Tiere erforschen, als wären sie vom Verhalten her den Menschen fast gleichzusetzen.
Die Behavioristen konzentrierten sich nur auf das Umfeld
Auf diese Weise verbannten John Watson und die Behavioristen im Endeffekt die Erforschung des menschlichen Bewusstseins aus dem Reich der wissenschaftlichen Psychologie. Heutzutage erscheint das geradezu als absurd. Aber sein Nachfolger B. F. Skinner bezog einen noch kompromissloseren Standpunkt. Weil er das Bewusstsein nicht messen konnte, schlussfolgerte er, dass es im richtigen Leben auch keine kausale Rolle spiele.
Stattdessen galt es als Epiphänomen, also als zweifelhafter, an sich jedoch unwichtiger oder nicht kausaler Nebeneffekt eines anderen Phänomens. In gewisser Weise wurde aus dem Fehlen zuverlässiger Methoden zur Erforschung des bewussten Denkens in der damaligen Zeit abgeleitet, dass es das bewusste Denken als einflussreiche Kraft im Leben der Menschen nicht gab. Die Behavioristen konzentrierten sich ausschließlich auf das jeweilige gegenwärtige Umfeld. Damit waren die anderen Zeitzonen, in denen der menschliche Geist lebt, ausgeschlossen. Quelle: „Vor dem Denken“ von John Bargh
Von Hans Klumbies