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Emotionen schwächen den Intellekt

Neben der Verweigerung der Anstrengung, welche die Urteilskraft unterminiert, können natürlich auch andere Ursachen für dumme Entscheidungen vorliegen. Der Psychoanalytiker Otto Fenichel verwies auf die „Pseudodebilität“, die durch innere, meist emotionale Denkhemmungen bedingt ist. Jeder Intellekt schwächle, wenn Emotionen ins Spiel kämen und gegen die Ratio arbeiteten. Heidi Kaster fügt hinzu: „Menschen könnten sozusagen unter der Hand, ad hoc, verblöden, weil sie etwas nicht verstehen wollen, weil das Verstehen Angst- oder Schuldgefühle auslösen könnte oder ein bestehendes prekäres neurotisches Gleichgewicht gefährden würde.“ Jede relevante neue Information, die man erfasst, hat prinzipiell die Macht, bisherige Gewissheiten zu zerstören und scheinbar solide Fundamente eines Weltbilds zu erschüttern. Heidi Kastner ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Seit 2005 ist sie Chefärztin der forensischen Abteilung der Landesnervenklink Linz.

Gruppenbildung ist ein menschliches Grundbedürfnis

Das muss nicht unbedingt einen angenehmen oder erstrebenswerten Zustand darstellen. Dieser wird nur von Menschen mit ausgeprägtem Respekt vor wissenschaftlichen Ergebnissen und Befunden und mit internalisierten Objektivitätsgebot ohne inneren Widerstand akzeptiert. Heidi Kastner weiß: „Alle anderen versuchen zumeist, ihre Basisüberzeugungen zu erhalten, indem gegenläufige Fakten als irrelevant abgetan, schlicht ignoriert oder als Lüge bezeichnet werden.“ Wir leben zwar alle in derselben Welt, erleben sie aber jeder für sich so unterschiedlich wie Menschen und „basic beliefs“ eben sein können.

Da Gruppenbildung ein menschliches Grundbedürfnis darstellt, finden sich Personen mit ähnlich gelagerten Überzeugungen zusammen und entwickeln automatisch Standards und Normen für akzeptiertes Verhalten, akzeptable Formulierungen und sogar für das äußere Erscheinungsbild. Wer die Gruppenregeln einhält, wird von anderen bestätigt und geschätzt, was ein andauerndes und systematisches belohnendes Verstärken des Bestehenden um der sozialen Akzeptanz willen bewirkt und die Dummheit zementiert.

Erfolgreiche Ideen dringen ins Unbewusste ein

Gustave Le Bon, der sich schon 1895 in seinem Werk „Psychologie der Massen“ mit der inneren Dynamik von Massenphänomenen auseinandersetzte, stellte fest, dass der hierarchische oder intrinsische Wert einer Idee belanglos ist für ihre Verbreitung und ihren Erfolg. Was eine Idee schaffen müsse, um erfolgreich zu werden, sei das „Eindringen ins Unbewusste“ und die Transformation zu einem Gefühl. Auch stellte er fest, dass man nicht glauben dürfe, allein die bewiesene Richtigkeit einer Behauptung reiche aus, um auch nur bei den Gebildete Wirkung zu erzielen. Eine noch so klare Beweisführung habe kaum Einfluss auf die Menschen.

Ein klügerer Zuhörer so Gustave Le Bon, werde zwar die Evidenz vorgelegter Beweise anerkennen, aber das Unbewusste in ihm werde ihn bald wieder zu seinen ursprünglichen Anschauungen zurückbringen, falls die neue Evidenz nicht mit seinen Grundüberzeugungen kompatibel sei: „Nach Verlauf einiger Tage wird er uns seine alten Argumente mit genau denselben Worten vorbringen.“ Wie bei allen Wesen, schreibt Gustave Le Bon weiter, bei denen das logische Denken nicht ins Spiel komme, sei „die Einbildungskraft der Massen sehr mächtig, sehr wirksam und lebhaft erregbar“. Quelle: „Dummheit“ von Heidi Kastner

Von Hans Klumbies

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