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Die Emotionen lenken das Wollen

Die Emotionen bestimmen die menschlichen Grundeinstellungen gegenüber Personen und Handlungen. Sie lenken das Wollen und haben höchsten Einfluss auf das Verhalten. Der Ursprung der Emotionen ist in einem der ältesten Teile des Gehirns gelegen, dem sogenannten limbischen System. Reinhard Haller weiß: „Sie sind für unser Menschsein so wichtig, dass sie vom reinen Verstand gar nicht getrennt werden können.“ Bereits Friedrich Nietzsche hat dies in einer Zeit lange vor der hochwissenschaftlichen Hirnforschung erkannt. Der Philosoph sagt: „Hinter den Gefühlen stehen die Urteile und Wertschätzungen.“ Der komplexe Prozess der Emotionen läuft auf verschiedenen physiologischen und psychischen Funktionen ab. Er beeinflusst das Verhalten der Menschen besonders bei Belastungen. Die in solchen Stresssituationen auftretenden Gefühle teilt man in solche aggressiver und in solche abwehrender Natur ein. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

Beziehungsdelikte sind von Hass und Enttäuschung geprägt

Als sthenische Effekte, die den Organismus in Kampfbereitschaft versetzen, bezeichnet man Zorn, Wut und Eifersucht. Asthenische Affekte, welche die körperlichen und psychischen Aktivitäten hemmen, umfassen Furcht, Traurigkeit und Schrecken. Reinhard Haller stellt fest: „Bei jeder Aggressionstat sind Affekte in mehr oder minder starker Form beteiligt.“ Lediglich völlig gemütsarme oder psychisch schwer kranke Menschen können eine andere Person unter Umständen ohne wesentliche Gemütsbewegung töten.

Heftige affektive Reaktionen begleiten oder tragen nahezu durchgehend Aggressionshandlungen und speziell Tötungsdelikte. Besonders ausgeprägt sind Gefühle des Ärgers, der Enttäuschung oder des Hasses bei Beziehungsdelikten. Denn hier kommen auch tiefere psychologische Schichten mit narzisstischen Ängsten zum Tragen. Zudem ist in der Regel eine lange Vorgeschichte auszumachen. Diese führt zu einem allmählichen Affektstau und zur Unterminierung der Widerstandskräfte. Bei der eigentlichen Tat wirken somit vorbahnende emotionale Kräfte und ein erregender Anlass – gewöhnlich ein Streit – zusammen.

Der akute Affekt ist mit einem Sturm vergleichbar

Diese führen zu einer eruptiven Entladung, die in Form eines Kontrollverlusts dann kurzfristig einen eigendynamischen, zerstörerischen Verlauf nimmt. Affekte können aber nicht nur abrupt, mit elementarer Wucht, sondern auch „protrahiert“, also verzögert manifest werden. Im Gegensatz zu den als heiß und überkochend erscheinenden akuten Gefühlswallungen wirken die verzögerten wie eine „kalte Wut“. Der Betroffene kann in diesem Fall seine negativen Gefühle längere Zeit unterdrücken und den Ausbruch verhindern.

Dies gibt ihm aber auch Zeit für eine genauere Planung und damit eine weniger blinde Tatdurchführung. Die Aggressivität lässt sich dann viel konkreter ausrichten. Der akute Affekt ist mit einem Sturm vergleichbar, der alles hinwegfegt und eine Spur blinder Zerstörung hinterlässt. Dagegen entspricht die verzögerte Form einer Zeitbombe, die man überlegter einsetzt. Wenn es zu einem nicht fixierten Zeitpunkt, oft aus einem geringfügigen Anlass, zur Detonation kommt, ist die Wirkung bei erhöhter Treffsicherheit, gleich verheerend. Quelle: „Das Böse“ von Reinhard Haller

Von Hans Klumbies

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