Junge Erwachsene haben viel zu tun
Das frühe Erwachsenenalter erstreckt sich vom 19. bis zum 40. Lebensjahr. Andreas Salcher erklärt: „In dieser Phase versuchen die meisten von uns, den richtigen Liebespartner zu finden und zu beruflichem Erfolg zu gelangen.“ Irgendwann trifft man dann die Entscheidung sich fix zu binden, weil man davon überzeugt ist oder zumindest hofft, die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Es folgen das Zusammenziehen in eine gemeinsame Wohnung oder der Bau eines Hauses, oft die Hochzeit und die Geburt des ersten Kindes. Vielleicht gibt es kurz vor dem Traualtar noch eine Mentalreservation, ob man sich jetzt wirklich für diesen einen Menschen entscheiden soll. Die Bedenken werden aber meist weggedrückt. Von Frauen wird erwartet, dass es der schönste Tag ihres Lebens ist. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.
Das erträumte Leben stimmt nicht mit dem realen überein
Von Männern erwartet man, dass sie durch die Hochzeit offiziell ihre Freiheit aufgeben und glaubhaft ewige Treue schwören. Es ist der Augenblick der großen Hoffnung. Viele Ehepaare sind jedoch oft wenige Jahre danach so niedergeschlagen, weil sich ihre Träume nicht erfüllt haben. Leo Tolstoi schreibt in seinem Roman „Anna Karenina“: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“ Selbst wenn sich die Träume von der idealen Familie und dem Haus im Grünen in einem hohen Ausmaß verwirklicht haben, bringt das Konsequenzen mit sich, die sich die Betroffenen nicht vorstellen konnten.
Andreas Salcher erläutert: „Sie finden sich in einem Leben wieder, das aus einer Vielzahl von Verpflichtungen, großem Stress, Verlust an vertrauten Lebensgewohnheiten und lähmenden Alltagsproblemen besteht.“ Das erträumte Leben stimmt nicht mit dem realen überein. Der Partner entpuppt sich als streitlustig oder langweilig, als geizig oder leichtsinnig, als karrierebesessen oder als Versager, als lustlos oder notorisch untreu. Eine Reaktion darauf ist Wut gegen sich selbst.
Die Träume verändern sich im Laufe der Jahre
Andere Reaktionen sind spontane Weinkrämpfe ohne Anlass, Streit über Nebensächlichkeiten, Flucht in die Arbeit und Erschöpfung. Die unerklärliche Traurigkeit, die einen manchmal überwältigt, ist typisch für diese Lebensphase. Das liegt aber nicht darin, dass sich oft Träume, die man einst hatte, nach ihrer Erfüllung als Illusionen erweisen. Es ist vielmehr die Tatsache, dass sich die persönlichen Vorstellungen davon, was erstrebenswert ist, im Laufe der Jahre sehr verändert haben.
Diese Veränderungen sind vielen Menschen gar nicht bewusst. Das betrifft das Privatleben genauso wie den Beruf. Dazu kommt die Überlastung. Arbeit, Familie, eine Flut aus sonstigen Verpflichtungen und zusätzlich unerwartete Krisen werfen jeden Plan über den Haufen. Andreas Salcher fügt hinzu: „Die To-do-Listen werden immer länger statt kürzer. Wir wachen jeden Tag mit dem Gefühl auf, allein in einem Bergwerk Steine abbauen zu müssen, und selbst die Wochenenden sind fix mit Dingen verplant, die wenig Euphorie auslösen.“ Quelle: „Das ganze Leben in einem Tag“ von Andreas Salcher
Von Hans Klumbies