Eine lieblose Beziehung sollte man verlassen
Von einer Beziehung erwartet man das Paradies auf Erden: man hat sich in den anderen verliebt, um endlich all seine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen. Michael Lehofer weiß: „Die Evolution hat die Verliebtheit vorgesehen, um Paarbeziehungen, die ja letztlich der Erhaltung der Art dienen, einen gehörigen Anschub gegeben.“ In der Phase der Differenzierung wird dagegen viel gestritten; man wirft dem Partner vorn, nicht so zu sein, wie man sich ihn vorgestellt hat. Es gibt allerdings auch Beziehungen, die im Dienste der Nachreifung stehen, denn Liebesbeziehungen eignen sich sehr für Nachreifungen. Denn sie sind durch die Liebe abgeschirmt und können daher besonders viel Entwicklungsschmerz ertragen. Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Michael Lehofer ist ärztlicher Direktor und Leiter der einer Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Landeskrankenhaus Graz II.
Frisch geliebte Frauen übersehen oft ihre eigenen Bedürfnisse
Michael Lehofer rät, dass man seinen Partner nicht gleich verlassen sollte, nur weil die Beziehung schlecht ist. Man sollte die Lektion lernen. Ist dies geschehen und man merkt, dass der andere lieblos ist, dann sollte man allerdings gehen. Lieblos ist einer, der nicht mit dem Herzen antwortet. Denn man darf keinesfalls aus Angst, aus Rationalisierung oder anderen Gründen im eigenen Leben ein totes Pferd reiten. Das ist vor allem unwürdig und lächerlich.
Wenn eine Frau in jungen Jahren einen Mann gefunden hat, von dem sie glaubt, er sei der richtige, um gemeinsam durchs Leben zu gehen, neigt sie gewöhnlich dazu, für diesen Mann alles zu tun. Michael Lehofer fügt hinzu: „Das tut sie aus Liebe. Leider übersehen Frauen, die so handeln, häufig ihre eigenen Bedürfnisse. Es liegt ihnen sehr daran, dass die Beziehung gelingt.“ Die Wissenschaft hat sich gefragt, warum die weibliche Sexualität bei der Spezies Mensch ohne eigene Brunftzeiten eigentlich immer möglich ist.
Manchmal entfremden sich Frauen von sich selbst
Die Antwort lautet, dass die weibliche Sexualität evolutionsbiologisch sehr stark darauf ausgerichtet ist, das begehrte Sexualobjekt zu erobern und an sich zu binden. So konnte eine chinesische Studie zeigen, dass Gefährtinnen von Männern umso häufiger einen Orgasmus haben, desto begüterter die Partner sind. Michael Lehofer stellt fest: „Für Frauen ist es nicht leicht, in ihrem Wunsch nach Bindung den Kontakt mit sich selbst zu halten. Immer wieder kommt es vor, dass sie sich von sich selbst entfremden.“
Das ist nicht gut, obwohl die Motivation erstaunlicherweise so etwas wie Liebe ist. In der Regel können die Frauen nicht anders. Aber auch Männer sind mitunter von solchen Vorgängen der Überanpassung betroffen. Michael Lehofer erläutert: „Das Problematische daran ist nicht die Anpassung an das Gegenüber. In einer Partnerschaft ist es nicht nur wichtig, sondern auch notwendig, den Wünschen des anderen zu entsprechen, auch wenn es nicht die eigenen sind.“ Quelle: „40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer“ von Michael Lehofer
Von Hans Klumbies