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Die Seele ist ein Raum der Energien

Was die Seele ist, ist umstritten. Wilhelm Schmids Vorschlag ist, sie als Raum der Energien zu verstehen, von denen Menschen belebt und bewegt werden: „In Form von Gefühlen wühlen sich innere Landschaften auf.“ Auf den Wegen zueinander hin und voneinander weg ist immer wieder dieses schwierige Gelände zu durchqueren. Der Weg der Vernunft, der Gefühle hintansetzt, scheint nur ein schmaler Pfad zu sein. Weit häufiger sind Menschen auf den asphaltierten Straßen angenehmer Gefühle unterwegs. Diese können jedoch unvermittelt in unangenehme, steinige Wege übergehen, die zu Fuß begangen werden müssen und nicht selten in einen Engpass, gar in einer Sackgasse münden. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Gefühlswelten sehr unterschiedliche Landschaften in sich bergen, die teils von tropischer Fülle, teils von öder Leere sind. Wilhelm Schmid lebt als freier Philosoph in Berlin.

Die Gefühlswelt ist eine bizarre Welt

In welcher Gegend befinde ich mich? Wo ist hier meine Heimat? Es ist eine bizarre Welt. Wie Geysire brechen unterschwellige Empfindungen plötzlich hervor. Ein Vulkan spukt in hohem Bogen eine Lava der Wut aus, während sich zugleich unter einem Felsvorsprung Liebende an seiner Glut wärmen. Wilhelm Schmid ergänzt: „Gipfel der Gefühle türmen sich im Gebirge wilder Leidenschaften auf. Weite Ebenen alltäglicher Mühen erstrecken sich bis zu Horizont, wo ein Sturm der Entrüstung tobt.“

Schroff ragen in den Lügengebirgen die Spitzen des Ehrgeizes auf, zu erreichen nur über Hochebenen des Hochmuts. Wer erfolgreich aufsteigt, gerät in akute Gefahr, in tiefe Schluchten von Eifersucht, Verrat und Enttäuschung zu stürzen und in den angrenzenden Sümpfen der Niedertracht zu versinken. Irgendwo in finsteren Gegenden hausen die Feinde, die niemand im Leben braucht, aber die Begegnung mit ihnen unterliegt nicht der freien Wahl, sie ergibt sich ganz ohne eigenes Zutun.

Menschen verheddern sich in ihren subjektiven Gefühlen

Wilhelm Schmid fügt hinzu: „Nachgerade erholsam fühlt sich demgegenüber das Alleinsein am Saum stiller Seen voller Melancholie an. Tränenflüsse lassen sie sporadisch über die Ufer treten, aber dann zeichnet sich wieder ein Land der Sehnsüchte als feiner Nebenstreifen in der Ferne ab, oder ist es eine Fata Morgana?“ Im 21. Jahrhundert verheddern Menschen sich noch immer in ihren subjektiven Gefühlen, auch wenn diese nun digital objektivierbar sind. Mit täuschend echt sprechenden „Chatbots“ teilen sie ihre Träume und Ängste, Sorgen und Freuden.

Mit „Affective Computing“, eingesetzt etwa bei der Auswahl von Bewerbern um einen Arbeitsplatz, lassen sich Emotionen aufspüren, die das Ich bewegen und sich durch Statistik, durch Häufungen von Worten und Silben im Sprachgebrauch verraten. Auch eine Aura ist kein Geheimnis mehr: „Cobots“, kooperierende Roboter, sind darauf programmiert, Rücksicht zu nehmen, wenn charakteristische elektrische Ströme das Herannahen eines Menschen anzeigen. Quelle: „Heimat finden“ von Wilhelm Schmid

Von Hans Klumbies

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