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Verbitterung lässt sich nur schwer heilen

Reinhard Haller stellt fest: „Wenn eine Kränkungsreaktion allmählich erstarrt, sich in ihrer krank machenden Form gleichsam fixiert, wenn sie chronisch wird und sich nur noch wenig ändert, sind die Aussichten auf Heilung schlecht.“ Fühlt sich dann der gekränkte Mensch in einer Sackgasse ohne Vor und Zurück, sieht er sich in einen Kerker mit Mauern aus Ungerechtigkeit, Erniedrigung, Enttäuschung und Wehrlosigkeit gefangen, so spricht man mit einem treffenden Ausdruck von Verbitterung. Man braucht diesen Begriff gar nicht zu übersetzen oder zu erklären, er ist selbstredend: Der Mensch und sein Leben werden bitter durch und durch. All seine Emotionen sind von einem negativen, nicht wegzubekommenden Geschmack durchdrungen. Die Süße des Lebens ist verloren, Fühlen und Denken sind in ihrer ganzen Breite und Tiefe negativ getönt. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

Die Bitterkeit wühlt innerlich auf

Ein düsterer Schleier liegt über allem, was Freude machen könnte. Selbst das Denken ist nicht mehr frei, sondern wird von unsichtbaren Schranken auf ein Thema eingeengt, auf die große Ungerechtigkeit und Enttäuschung. Reinhard Haller weiß: „Verbitterung ist eine diabolische Mischung aus Frustration und Resignation, aus Ohnmacht und Wut, aus Verletztheit und Aussichtslosigkeit.“ Fast jeder Verbitterung geht ein langer, aufwühlender, letztlich verlorener Kampf voraus.

Sie ist Folge eines zermürbenden Prozesses mit Hoffen und Verzweifeln, mit kurzfristigen Erfolgen und groben Rückschlägen, mit entschlossenem Widerstand und nachlassenden Kräften. Am Schluss steht die Resignation: Die bittere Erkenntnis, dass der Kampf verloren ist und nichts mehr gut gemacht werden kann. Nichts ist mehr so, wie es war. Das Leben hat einen entscheidenden Bruch erfahren. Im Gegensatz zu dem Antrieb hemmenden, lähmenden Depression wühlt die Bitterkeit innerlich auf.

Verbitterung hat viel mit Unversöhnlichkeit zu tun

Unter einem erstarrten äußeren Panzer brodeln selbstzerstörerische Gefühle. Das Denken ist ganz auf erlittene Benachteiligungen, Ungerechtigkeiten und Traumatisierungen fokussiert. Reinhard Haller ergänzt: „In der Fantasie drängen sich die negativen Erinnerungen und Bilder in zwanghafter Weise auf, die Betroffenen haben keine Chance sich dagegen zu wehren.“ Verbitterte Menschen sind tief enttäuscht vom Leben, von den scheinbar verständnislosen Mitmenschen, auch von den Therapeuten, ja von sich selbst.

Sie können nicht mehr an das Gute im Menschen glauben, halten Widerstand und Kampf für aussichtslos und verfallen in Selbstaufgabe. Sie fühlen sich zutiefst verletzt und sehen sich nicht mehr in der Lage, etwas dagegen zu tun. Verbitterte Menschen befinden sich in einem „Seelengefängnis“, in einem psychischen Kerker, aus dem sie keinen Ausweg finden. Das Wissen um die Ohnmacht trotz enormer innerer Kraft, das ist am bittersten. Verbitterung hat auch sehr viel mit Unversöhnlichkeit zu tun. Quelle: „Die Macht der Kränkung“ von Reinhard Haller

Von Hans Klumbies

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