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Rechtspopulisten sind unterkühlte Männer

Für Rechtspopulisten ist autoritäre Männlichkeit die Lösung für alles, wovon sie sich bedroht fühlen. Tobias Haberl kennt diese vermeintlichen Bedrohungen: „Muslimische Flüchtlinge, gierige Techkonzerne, lästige Gendersternchen, tätowierte Frauen mit Nasenring, nervige Veganer, aufmüpfige Klimaaktivisten und das permanente Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.“ Manchmal können sie an gar nichts anderes mehr denken, wie man nicht mehr von einem Gemälde wegschauen kann, das leicht schief an der Wand hängt. Weil sie die Gegenwart als „ver-rückt“ empfinden, nehmen sie Zuflucht bei verklärten Erinnerungen an die Vergangenheit, von denen sie sich trösten lassen. Im Gegenzug verteufeln sie die Generation „Greta“ und überhaupt alle, die ihnen ihre Erinnerungen nachträglich vermiesen wollen. Der Literaturwissenschaftler Tobias Haberl schreibt für das „Süddeutsche Zeitung Magazin“. Sein letztes Buch „Die große Entzauberung – Vom trügerischen Glück des heutigen Menschen“ wurde ein Bestseller.

Rechtspopulistische Männer bilden einen Panzer aus

Diese rechtspopulistischen Männer sind Nachfahren jener Freikorpssoldaten, die der Kulturtheoretiker Klaus Theweleit vor vierzig Jahren in seinem zwölfhundert Seiten starken Standardwerk „Männerfantasien“ analysierte, indem er Briefe aus den 1920er Jahren auswertete. Dabei handelt es sich um soldatisch geprägte Männer, die statt einer Beziehung einen Panzer ausbildeten, um das angsterfüllte, instabilere Innere im Zaum zu halten. Es waren unterkühlte Männer, die Frauen nur denken konnten als Huren, Mütter oder weiße Krankenschwestern.

Im Endeffekt waren sie unfreie Männer, die darunter leiden, nicht zu Ende geboren zu sein. Tobias Haberl stellt fest: „Während die westliche Welt weiblicher, liberaler und ökologischer wird, fühlen sich diese Männer funktionslos, ja entwertet. Es ist wie in einem Paternoster: Die einen fahren rauf, die anderen runter, und zwar mit Schwung ins Souterrain.“ Die Frauen aber lassen sich nicht mehr einschüchtern. Sie sind gekommen, um zu bleiben. Sie sind nicht mehr bereit, die Schwäche von Männern auszugleichen und dabei auch noch blendend aussehen zu müssen.

Viele Frauen werden lauter und mutiger

Jede Gemeinheit, jeder Übergriff wird kritisch zurückgespiegelt. Sie taufen den „Weltfrauentag“ am 8. März in „Frauenkampftag“ um und schließen sich zu Protestmärschen zusammen. Die Frauen werden lauter, mutiger, fordernder im Netz, im Beruf, in der Familie, verzichten auf Rasieren und Diäthalten. Sie präsentieren selbstbewusst vermeintliche Makel, wehren sich gegen verbale Belästigung, indem sie die Sprüche, die ihnen hinterhergerufen werden, sogenannte Catcalls, mit Kreide auf die Straße schreiben.

Die Gewaltstatistiken sind erschütternd: Jede zehnte Frau in der Europäischen Union (EU) wurde schon mal vergewaltigt. Tobias Haberl fügt hinzu: „In Deutschland erlebt alles dreiunddreißig Minuten eine Frau häusliche Gewalt. Alle zwei Tage versucht ein Mann, seine Partnerin oder Ex-Partnerin umzubringen, alle drei Tage gelingt es.“ Besonders gefährdet sind Frauen in der Schwangerschaft, nach einer Trennung oder wenn sie beruflich erfolgreich sind. Die Zeitungen berichten dann von einem Eifersuchtsdrama und verschleiern, was eigentlich passiert ist, nämlich dass ein Mann eine Frau getötet hat, weil sie eine Frau ist. Quelle: „Der gekränkte Mann“ von Tobias Haberl

Von Hans Klumbies

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