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Karen Horneys Kritik am Ödipusdrama Sigmund Freuds

Karen Horney glaubt zwar, dass sexuelle Empfindungen zwischen Kind und Eltern vorkommen, aber nicht in dem Maße, wie Sigmund Freud sie beschreibt. Sofern das doch der Fall ist, handelt es sich um seelische Fehlentwicklungen. In der Regel provozieren die Eltern selbst die sexuelle Note im Gefühlsleben des Kindes durch übertriebene Zärtlichkeit und eigene verdrängte Wünsche nach Sexualität. Oft kommt es auch zur Rivalität zwischen den Eltern bezüglich der Liebe des Kindes. Das Kind spürt den elterlichen Konflikt und fühlt sich in der Regel zum stärker verwöhnenden Elternteil hingezogen. Die klassische Psychoanalyse macht ausgeprägte ödipale Verstrickungen für spätere Neurosen verantwortlich.

Der Vorrang der Gegenwartsanalyse

Nach Karen Horney aber ist die Ödipalität bereits Ausdruck einer Kinderneurose, nämlich dafür, dass ein Kind seelisch in der Familiensphäre stecken geblieben ist. Ihrer Meinung nach prägt die Kindheit den Charakter und dieser beinhaltet die Summe aller Sicherheitstendenzen und Reaktionsgewohnheiten, mit denen das Kind und der Jugendliche Angst abzuwehren pflegen. Diese Tendenzen erwecken den Eindruck des Wiederholungszwangs, weil sie starr und zwanghaft sind.

Laut Karen Horney ist es für die Therapie günstiger, die innere Dynamik dieser Charaktertendenzen zu durchleuchten, als sie auf ein Kindheitsschema zurückzuführen. Die Gegenwartsanalyse ist für sie deshalb wichtiger als die Rekonstruktion der Vergangenheit. Denn der Mensch lebt in der Gegenwart, aus der seine Freuden und Leiden herauswachsen.

Karen Horney bezeichnet den Narzissmus als eine Form von Selbsthass

Ebenso wie das Theorem des Ödipuskomplexes kritisiert Karen Horney die Narzissmustheorie von Sigmund Freud, die besagt, dass der Mensch ein primär narzisstisches Wesen sei. Zunächst sei er in sich selbst verliebt und die Liebe selbst sei ein sekundäres Entwicklungsprodukt. Im späteren Leben kann durch Frustrationen und Versagungen eine Rückkehr zum infantilen Narzissmus stattfinden. Im Gegensatz zu Sigmund Freud betont Karen Horney, dass der Narzissmus eine Form des Selbsthasses ist.

Kurzbiographie: Karen Horney

Karen Horney wurde 1885 in Hamburg geboren. Im Jahr 1934 übersiedelte sie nach New York und gründete 1939 ihr eigenes American Institute for Psychoanalysis. Zu ihren Bücher zählen „Der neurotische Mensch unserer Zeit“ (1937), „Selbst-Analyse“ (1942) und „Neurose und menschliches Wachstum“ (1950). Bis zu ihrem Tod im Jahr 1952 arbeitet Karen Horney als Therapeutin.

Von Hans Klumbies

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2 Thoughts to “Karen Horneys Kritik am Ödipusdrama Sigmund Freuds”

  1. Das ruft in meinem Kopf die Bilder von dem „Zauberberg“ – die überlegungen über den menschlichen Körper. Aber diese Theorie ist für mich ein bisschen zu abstrakt.

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