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Kinder besitzen eine natürliche Liebe zur Natur

Joachim Bauer schreibt: „Kinder und Jugendliche sind für die Liebe zur Natur und die Bereitschaft zu fühlen, was die Welt fühlt, besonders empfänglich. Die Fähigkeit zur Empathie, zur Einnahme der Perspektive ihrer Mitmenschen, zur sozialen Rücksichtnahme und zur dafür notwendigen Regulation eigener Emotionen müssen Kinder und Jugendliche erwerben.“ Das gelingt nur, wenn belastbare, verlässliche Beziehungen ihnen ein Grundgefühl vermitteln, dass die Welt ein sicherer Ort ist und dass sie selbst Wesen sind, denen ihre Würde und ein Wert zukommen. Die entscheidende qualitative Voraussetzung der Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche heute aufwachsen, ist die Beziehungsorientierung. Das heißt die physische Präsenz gut ausgebildeter Begleiter, die beides bieten können: ersten die Bereitschaft, sich von jungen Menschen in Resonanz versetzen zu lassen und sich auf diese Weise in sie einzufühlen. Prof. Dr. Med. Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Arzt.

Kinder haben eine natürliche Freude an kulturellen Aktivitäten

Zweitens die Fähigkeit, in Kindern und Jugendlichen ihrerseits Resonanz auszulösen. Sozialität, Kulturalität und die Liebe zur Natur stehen in einem wechselseitigen Verhältnis. Joachim Bauer erklärt: „Wenn kleinen Kindern keine Traumatisierungen zugefügt wurden, haben sie nicht nur eine natürliche Freude an der Gemeinschaft und an kulturellen Aktivitäten – am gemeinsamen Singen, Musizieren, Sich-Bewegen, Spielen, Basteln und Malen –, sondern ganz besonders an der Begegnung mit der Natur.

Auch in Schulen herrscht bei Angeboten im Bereich Sport, Musik, Literatur, Theater, Philosophie, also bei alldem, was als „ästhetische Erziehung“ bezeichnet wird, ein krasser Mangel. Joachim Bauer betont: „Unsere Kultusbürokratien müssen es besser verstehen, dass die sozialemotionale Förderung von Kinder und Jugendlichen der einzig erfolgreiche Weg ist, sie auch intellektuell voranzubringen.“ Sozialität, Kulturalität und die Liebe zur Natur können sich einerseits gegenseitig fördern, andererseits wird der Mangel einer Komponente eine Verminderung oder Störung in den beiden anderen nach sich ziehen.

Die empathische Verhalten von jungen Menschen ist rückläufig

Der sollten die Bildungsinstitutionen noch besser dafür sorgen, dass junge Menschen in den Soziotropen, in denen sie die entscheidenden Kinder- und Jugendjahre verbringen – Familie, Kitas und Schulen –, auf allen drei Gebieten gefördert werden. Joachim Bauer erläutert: „Ein nicht geringer Teil unserer Kinder erlebt hier gravierende Mängel und zeigt zu erwartenden Störungen. Das kann seine Ursache in elterlichem Stress, in der unzureichenden Ausstattung unserer pädagogischen Einrichtungen oder in der bereits angesprochenen Rolle des Internets haben.“

Besonders besorgniserregend sind Hinweise auf eine Abnahme der Empathie-Fähigkeit in den letzten drei Jahrzehnten. Joachim Bauer weiß: „Dieser negativen Entwicklung lässt sich etwas entgegensetzen. Wie Untersuchungen zeigen, lassen sich junge Menschen schon im Kindergartenalter im Rahmen von Exkursionen für ein empathisches Verhalten gegenüber der Natur gewinnen.“ Ein extrem wertvoller Beitrag zur Herbeiführung einer ökologischen Wende könnte auch ein attraktiv ausgestaltetes, verpflichtendes Gemeinschaftsjahr sein. Quelle: „Fühlen, was die Welt fühlt“ von Joachim Bauer

Von Hans Klumbies

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