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Lernvorgänge können automatisch ablaufen

Konditionierung ist der Fachbegriff dafür, dass das Gehirn lernt, wie auf Knopfdruck bestimmte Reaktionen zu zeigen. Das berühmteste Beispiel war der Pawlow`sche Hund. Dem russischen Verhaltensforscher Iwan Pawlow war es gelungen, zu beweisen, dass ein bestimmter Reiz, in dem Fall ein Glockenton, zu Speichelfluss bei einem Hund führte, da dieser Ton immer in Verbindung mit der Futterausgabe erfolgte. Der Glockenton löste schon nach kurzer Zeit den Speichelfluss auch dann aus, wenn noch kein Futter angeboten wurde. Heinz-Peter Röhr erklärt: „Das war der Beweis, dass das Gehirn auf bestimmte Reize reagiert, weil es sich erinnert.“ Unter Konditionierung ist deshalb ein Lernvorgang zu verstehen, der automatisch abläuft, wenn bestimmte Reize eintreten. Heinz-Peter Röhr ist Pädagoge und war über dreißig Jahre lang in der Fachklinik Fredeburg/Sauerland für Suchtmittelabhängige psychotherapeutisch tätig.

Kontrollverlust hat etwas mit Missbrauch zu tun

Auch hier ist manchmal ein gewisser Kontrollverlust zu beobachten, manchmal genügen kleine „Auslöser“, um das Gehirn zu starken Reaktionen zu animieren, deren man sich kaum erwehren kann. Wie es zu Kontrollverlusten kommt, findet nach einem typischen Muster statt. Ein Verhalten soll Erleichterung verschaffen, da sich der Erfolg nicht in genügender Weise einstellen will, glaubt man, durch ein Mehr vom Selben das Ziel doch noch zu erreichen.

Heinz-Peter Röhr erläutert: „Das berühmte „sich in etwas Hineinsteigern“ bedeutet, sich den Gefühlen ganz zu überlassen und dabei den Verstand auszuschalten.“ Nach dem Motto: „Das ist mir jetzt völlig egal, ich will meine Wut, meinen Groll, meinen Hass jetzt ungebremst ausleben.“ Man sucht die Erleichterung, die Befriedigung, die Genugtuung. Ein Kontrollverlust über Gefühle, Gedanken oder Verhaltensweisen hat fast immer etwas mit Missbrauch zu tun. Missbrauch in dem Sinne, dass ein Verhalten praktiziert wird, das zwar eine direkte Erleichterung bringt, aber keine Lösung.

Beim Glücksspiel und beim Sex kann man die Kontrolle verlieren

Da dieser Missbrauch nicht immer offensichtlich ist, wird er oft nicht im Zusammenhang mit dem Kontrollverlust gesehen. So wie man Alkohol oder Drogen konsumiert, um die Stimmung zu verbessern, lassen sich auch Gefühle und Verhaltensweisen instrumentalisieren, um Effekt zu erzielen. Das ist ein so häufiger Vorgang, dass man ihn als „normales“ menschliches Verhalten bezeichnen kann. Viele Menschen trösten sich mit Schokolade, wenn sie sich einsam oder frustriert fühlen.

Problematisch wird das Ganze erst, wenn es sich verselbstständigt, wenn es immer wieder zu Kontrollverlusten kommt, ein unwiderstehlicher Drang vorhanden ist, immer mehr Schokolade zu essen. Weitere typische Verhaltensweisen, über die die Kontrolle verloren gehen kann, sind beispielsweise Glückspiel, Sport, Sex … An diesen Beispielen wird deutlich, dass eine Konditionierung stattgefunden hat. Wie auf Knopfdruck entgleiten Gefühle und werden quasi zum Selbstläufer. Quelle: „Vom klugen Umgang mit Gefühlen“ von Heinz-Peter Röhr

Von Hans Klumbies

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