Grübler plagen immer neue Ängste
Sorgen erzeugen Sorgen. Wer in Grübelzwänge gerät, kommt auf immer neue Befürchtungen und Ängste. Aus ursprünglich einer Angst können sich viele Ängste entwickeln. Heinz-Peter Röhr erklärt: „Da ist ein Umstand, mit dem man sich nicht abfinden kann, ein seelischer Schmerz, der unerträglich scheint und den man glaubt, nicht ertragen zu können.“ Man möchte immer nur „Nein“ schreien. Nein, das darf nicht sein. Hirnforscher haben nachgewiesen, dass seelischer Schmerz dieselben Hirnareale aktiviert wie körperlicher Schmerz, nämlich das Schmerzzentrum. Der Glaube ist die stärkste Energie im Menschen, solange sich dieser nicht ändert, ist eine Korrektur unmöglich. Der typische Grübler verteidigt sein Grübeln wie ein Süchtiger sein Suchtmittel. Heinz-Peter Röhr ist Pädagoge und war über dreißig Jahre lang in der Fachklinik Fredeburg/Sauerland für Suchtmittelabhängige psychotherapeutisch tätig.
Ängste lassen sich nur mit Handeln bewältigen
Richtig ist, dass man als Außenstehender dem Grübler gegenüber machtlos ist. Der Einzige, der etwas verändern kann, ist der Betroffene selbst. Der erste Schritt ist daher die Aufklärung über die Dynamik des Grübelns. Heinz-Peter Röhr erläutert: „Nur so ist die für eine Veränderung notwendige Klarheit gegeben und das erforderliche Verständnis wird ermöglicht. Der erste Schritt ist also die Selbstdiagnose.“ Bei der Erklärung wirksamer Strategien, die aus dem Teufelskreis hinausführen, geht es darum, vom Grübeln ins Nachdenken zu gelangen.
Wer die Ängste im Denken beseitigen will, gerät leicht in die Grübelfalle. Ängste lassen sich nur mit Handeln bewältigen, nicht mit Denken allein. Eine Handlung wäre zum Beispiel, das Grübeln auf den Prüfstand zu stellen. Gerade der Versuch, an eine bestimmte Sache nicht zu denken, verschlimmert das Problem. Schon die Erfahrung, etwas nicht tun zu wollen, lenkt die Aufmerksamkeit unweigerlich auf das Thema. Es bedarf also wirksamer Vorgehensweisen zum Erfolg.
Chronische Sorgen bedürfen einer radikalen Behandlung
Heinz-Peter Röhr weiß: „Grundsätzlich gilt: Wer in die Grübelfalle geraten ist, hat jetzt zwei Probleme, erstens das Problem, das ihn sorgt oder ängstigt, und zweitens, dass er mit dem Grübeln nicht mehr aufhören kann. Oft ist das zweite Problem das schlimmere.“ Chronische Sorgen, die sich in endlosen Kreisen drehen, bedürfen einer radikalen Behandlung. Der Kontrollverlust ist dafür verantwortlich, dass man glaubt, sich nicht lösen zu können, insofern also immer weiter grübeln muss.
Alles beginnt damit, den Gedankenfluss zu stoppen. Man gibt sich innerlich ein Stopp, und wenn man allein ist, sagt man laut: Stopp! Auch wenn die Versuchung unwiderstehlich erscheint, die destruktiven Gedanken fortzusetzen, geht es jetzt darum, abstinent zu bleiben. Manchmal hilft auch eine radikalere Methode: heiß und kalt duschen. Mit Grübeln löst man keine Probleme, sondern nur mit der richtigen Strategie. Heinz-Peter Röhr betont: „Die Frage lautet: Was kann ich tun? Wenn ich etwas ändern kann, dann sollte ich die Dinge bei der ersten Möglichkeit in Angriff nehmen.“ Quelle: „Vom klugen Umgang mit Gefühlen“ von Heinz-Peter Röhr