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Gefühlsbeziehungen sind kompliziert

Während die Regeln für ein sexuelles Verhältnis klar und einfach zu sein scheinen, wirken die Regeln für eine Gefühlsbeziehung schwer definierbar und kompliziert. Es ist für Eva Illouz interessant zu beobachten, dass manche ansonsten sehr wortgewandte und attraktive Frauen teilweise ihre Erwartungen an eine Beziehung bereitwillig einer rein sexuellen Verbindung unterordnen. Denn reine Sexualität bedroht den Anspruch auf Autonomie der Männer nicht. Sie sind bereit, sich mit einer in ihren Augen gefühllosen Beziehung zu begnügen, solange diese ihre sexuellen Bedürfnisse regelmäßig befriedigt. Dies legt für Eva Illouz nahe, dass die Sexualität ein Interaktionsbereich ist, der sich leichter bewältigen lässt und der über eine stärkere ontologische Realität verfügt als der emotionale. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Außerdem ist sie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

Gesunde Sexualität beruht auf Gegenseitigkeit

Eva Illouz schreibt: „Sexualität löst keine Ungewissheit aus, während der traditionelle „Stoff“ des Bewusstseins – Absichten, Erwartungen, Gefühle – dies sehr wohl tut. Sexualität ersetzt Emotionalität als Quelle der Rationalität.“ Im Gelegenheitssex schlägt sich eine weitverbreitete Sexualisierung nieder, die einer wissenschaftlichen Definition zufolge mindestens eines der folgenden vier Elemente umfasst: 1) Der einzige bestimmende Faktor für den Wert einer Person ist ihr Sex-Appeal.

2) Der Sex-Appeal beruht auf physischer Attraktivität im engen Sinne. 3) Mindestens ein Partner wird sexuell zum Objekt gemacht. Oder 4) Die Sexualität ist so allgegenwärtig, dass sie Menschen aufgenötigt werden kann. Die Sexualität besteht mithin in dem Tatbestand, dass sie viele oder die meisten Interaktionen und viele oder die meisten sozialen Gruppen durchdringt. Die Arbeitsgruppe der American Psychological Association sieht die Sexualisierung im Widerspruch zu einer gesunden Sexualität, die auf Gegenseitigkeit beruht.

Gelegenheitssex ist eine ungewisse Form der Interaktion

Aus der Sicht von Eva Illouz sind das Hauptproblem und der Haupteffekt der Sexualisierung, dass sie den Körper zum vorrangigen Terrain der Interaktion gemacht hat und den Ausdruck und Austausch von Gefühlen illegitim und ungewiss werden lässt. Außerdem rückt die Sexualisierung den Körper als Quelle zwischenmenschlichen Wissens in den Vordergrund. Dadurch kommt es zu Widersprüchen in den Prozessen der sozialen Anerkennung, die nun im Körper oder im Selbst angesiedelt sind.

Dass in der Gelegenheitssexualität Lust mehr oder weniger unmittelbar erlebt wird, scheidet den sozialen Austausch von der Zukunft ab. Gelegenheitssex unterscheidet sich mithin von der traditionellen Sozialität. Denn diese beruht herkömmlicherweise auf Wechselseitigkeit, Narrativität, Erwartungen und Zukunftsprojektionen. Sie unterscheidet sich auch von Interaktionen mit Fremden. Gelegenheitssex ist zudem eine ungewisse Form der Interaktion, weil sie ein weites Spektrum an Möglichkeiten zulässt. Quelle: „Warum Liebe endet“ von Eva Illouz

Von Hans Klumbies

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