Die Rolle des Mannes wandelt sich
Es geht gerade ein ordentlicher Ruck durch die Welt der Männer. Von einer Krise der Männlichkeit ist die Rede, vielen ist das noch gar nicht richtig bewusst. Sie fühlen sich einfach leer und spüren eine Unzufriedenheit mit sich und dem Leben, können aber nicht genau zuordnen, woher das Ganze kommt. Richard Schneebauer erklärt: „Die Stellung und Rolle des Mannes in Familie, Gesellschaft und Wirtschaft war und ist einem enormen Wandel ausgesetzt. Lange Zeit galten Männer als die Norm, an der sich alles orientiert, als das bessere und klügere Geschlecht, das auch nahezu ungestraft seine Machtposition Frauen gegenüber ausspielen konnte.“ Durch die gesellschaftlichen Veränderungen und dem Kampf der Frauen um mehr Gleichberechtigung, Freiheit und machtpolitische Anteil habe, kamen die Männer enorm unter Veränderungsdruck. Dr. Richard Schneebauer ist Soziologe und seit 17 Jahren in der Männerberatung tätig.
Männer müssen sich weibliche Qualitäten aneignen
Die Bereitschaft zur Veränderung, innere und äußere Flexibilität, „weiche“ Qualitäten zählen in der heutigen schnelllebigen Zeit plötzlich mehr als schlichte körperliche Überlegenheit und klassisch-männlichen Attribute. Die unterdrückten und unzufriedenen Frauen mussten sich ihre Freiheit erkämpfen. Richard Schneebauer erläutert: „Sie eroberten Eigenschaften und Fähigkeiten für sie als erlaubt, die zuvor als männlich, also als hart, abenteuerlich oder schlicht als cool besetzt wurden.“ Männer stehen heute vor der Herausforderung, sich Felder erschließen zu müssen, die als weich, uncool und weiblich gelten.
Für Männer bedeutet das jede Menge Berührungsängste mit der so stark abgelehnten und keinesfalls als aufregend betrachteten, eigenen weichen Seite. Es geht ans Eingemachte, an die klassische männliche Identität. Das schafft jede Menge Unklarheit auf der Seite der Männer. Durch die erweiterten Rollenbilder und die neuen Ansprüche an das männliche Geschlecht ist jeder Mann heutzutage aufgefordert, sich die Frage zu stellen, wie er als Mann sein will, denn das Bild der traditionellen Männlichkeit ist ins Wanken geraten.
Vielen Männern setzen Lebens- und Gesundheitskrisen zu
Richard Schneebauer stellt fest: „Mehr Wahlfreiheit macht es nicht automatisch leichter, besonders, wenn ein bestimmtes über Generationen weitergegebenes Bild von „wahrer Männlichkeit“ so lange hochgehalten wurde und noch so gegenwärtig ist.“ An diesem Punkt befindet sich eine Schwelle, ein Übergang. Das Alte funktioniert nicht mehr und was ist das Neue? Früher schien die Welt auf der Seite der Männer einfacher und klarer. Vieles davon wird heutzutage in Frage gestellt und ist in Veränderung begriffen.
Was für die Generation der Väter noch ein No-Go oder schlicht nicht erlaubt war, ist jetzt Pflicht und umgekehrt. Früher waren die Väter zum Beispiel im Kreißsaal nicht zugelassen, heute ist es ein Muss dabei zu sein. Eine Norm wurde von der gegenteiligen abgelöst. „Ich traue mich schon gar nicht mehr, Frauen ein Kompliment zu machen“, sagen viele Männer mehr oder weniger offen. Derart verunsichert sind viele ob dieser Entwicklungen. Die Auswirkungen sind vielfältig. Lebens- und Gesundheitskrisen aller Art zeigen, wie umwälzend diese Veränderungen sind. Quelle: „Männerabend“ von Richard Schneebauer
Von Hans Klumbies