Die meisten Handlungen sind nicht autonom
Wer die Welt liebt, wird geliebt. Denn das Lebendige zieht an. Michaela Brohm-Badry schreibt: „Autonomie und Verbundenheit, Autonomie und Liebe: Und wenn dann nach einem Krach jeder eine Zeit lang was alleine macht, bis die Autonomie wieder hergestellt ist, dann spürt man plötzlich wieder die Sehnsucht, dem anderen nahe sein zu wollen und zu fragen, ob alles in Ordnung ist, und zu sagen, dass alles in Ordnung ist.“ Allerding ist ein hoher Anteil der Handlungen eines Menschen oft eher nicht autonom, sondern durch äußeren oder inneren Druck hervorgerufen, was die persönliche Selbstbestimmung untergräbt. Widerspricht eine Handlung jedoch den eigenen Werten, den eigenen Interessen oder dem Wollen, spüren Menschen, dass dieses Verhalten eben nicht stimmig, sondern kongruent ist – innere Konflikte entstehen. Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry ist Professorin für Lernforschung. Sie war langjährige Dekanin des Fachbereichs Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Philosophie und Psychologie an der Universität Trier.
Ein Grundbedürfnis des Menschen ist das nach Verbundenheit
Kompetenz ist ein psychologisches Grundbedürfnis, sich im Umgang mit der Umwelt als effektiv zu erleben. Michaela Brohm-Badry fügt hinzu: „Es spiegelt den Wunsch wider, seine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erweitern, und beinhaltet, sich dazu optimale Herausforderungen zu suchen, und Anstrengungen zu unternehmen, bis persönliches Wachstum erfahren wird.“ Kompetenz wird von Deci und Ryan als „wahrgenommene Wirksamkeit“ bei der Ausübung von Verhaltensweisen verstanden.
Das Erleben der eigenen Kompetenz wird in der Motivationsforschung als zentraler Anreiz für motiviertes Handeln betrachtet. Michaela Brohm-Badry erklärt: „Kompetenzerleben wird erreicht, indem geschafft wird, was man sich vorgestellt hat, indem Herausforderungen bewältigt, Fähigkeiten entwickelt wurden und indem Menschen etwas gelungen ist.“ Es geht um das Bedürfnis, die Wirkung und Beherrschung einer Handlung zu spüren. Ein weiteres Grundbedürfnis des Menschen ist das nach Verbundenheit.
Jeder Mensch möchte sich bei anderen aufgehoben fühlen
Es entspricht dem Bedürfnis nach menschlicher Nähe, nach sozialer Zugehörigkeit zu einem Menschen, einer Familie oder einer anderen sozialen Gruppe. Menschen fühlen sich meist dann zugehörig, so Ryan und Deci, „wenn sie sich bei anderen aufgehoben fühlen, umsorgt fühlen. Bei Verbundenheit geht es aber auch um Zugehörigkeit und das Gefühl, sich für andere bedeutsam zu fühlen. Daher ist es ebenso wichtig, sich selbst als jemand zu erleben, der andern etwas gibt oder zu ihnen beiträgt.“
Ryan und Deci fahren fort: „Das heiß, sowohl durch das Gefühl der Verbundenheit mit nahestehenden Menschen auch durch das Gefühl, ein bedeutendes Mitglied sozialer Gruppen zu sein, erfahren Menschen Verbundenheit und Zugehörigkeit, zum Beispiel indem sie zur Gruppe beitragen oder Wohlwollen zeigen.“ Michaela Brohm-Badry ergänzt: „Zugrunde liegt das psychologische Bedürfnis, enge emotionale Beziehungen zu anderen Menschen herzustellen, warmherzig zu geben und zu empfangen.“ Quelle: „Aufbrechen“ von Michaela Brohm-Badry
Von Hans Klumbies