Burnout ist ein berufsbedingtes Problem
Die Schattenarmee der Überanstrengten ist riesig. Anna Katherina Schaffner weiß: „Erschöpfung im Allgemeinen und Burnout im Speziellen gehören zu den vorherrschenden Epidemien unserer Zeit. Weil unser Leben und Denken tendenziell von unserem Berufsleben dominiert wird und sich viele Menschen sowieso fast alle wie Arbeit anfühlt – auch unsere Beziehungen, unsere persönliche Entwicklung und unsere Sorge um den Zustand der Welt –, ist Burnout zu den intensivsten thematisierten Erschöpfungssyndrom der Gegenwart geworden.“ Genaugenommen ist Burnout ein berufsbedingtes Problem – ein Erschöpfungszustand, der von chronischem Arbeitsstress verursacht wird. Auch wenn uns die Glücksindustrie etwas anderes weismachen will, zeigen Untersuchungen, dass suche Zustände in der Mehrheit der Fälle nicht an mangelhaften Bewältigungsstrategien der Betroffenen liegen. Die Wurzeln des Problems reichen tief in unsere Arbeitswelten. Anna Katherina Schaffner ist Kulturhistorikerin und zertifizierter Burnout-Coach.
Es gibt fünf Hauptursachen für einen Burnout
Anna Katherina Schaffner stellt fest: „Die fünf Hautpursachen für einen Burnout sind unfaire Behandlung am Arbeitsplatz, ein nicht zu bewältigendes Arbeitspensum, fehlende Rollenklarheit, Kommunikationsdefizite und unangemessener Arbeitsdruck.“ Auch wenn Kontrolle und Handlungsmöglichkeiten fehlen oder unterschiedliche Werte aufeinanderprallen, kann das zu einem Burnout führen. Im Hintergrund steht häufig, dass bei der Arbeit unsere Würde missachtet wird oder wie zu wenig Wertschätzung bekommen.
Einen Burnout erleiden die meisten Menschen also nicht, weil sie nicht angemessen mit Stress umgehen können, sondern weil die Strukturen, in denen sie sich bewegen, sie krank machen. Anna Katherina Schaffner fügt hinzu: „Trotzdem sind unsere Arbeitsumstände selten der einzige Grund für unsere Erschöpfung. Die Ursprünge chronischer oder wiederkehrender Erschöpfung sind in der Regel komplexer. Äußere und innere Faktoren können dabei eine Rolle spielen. Manchmal sind wir auch selbst schlechte Chefs und haben Haltungen verinnerlicht, die uns schaden.“
Der negative innere Monolog ist weit verbreitet
Die aktuelle Burnout-Kultur beruht auf alten, tiefsitzenden Überzeugungen zu Zeit und Produktivität, die uns auch dann beeinflussen, wenn wir nicht für jemand anderen arbeiten. Anna Katherina Schaffner erläutert: „Nicht selten sind wir auch deshalb so ausgelaugt, weil wir unsere Energie in einem inneren psychologischen Krieg verschleißen, also in Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Persönlichkeitsanteilen mit konträren Zielen und Werten.“ In Anna Katherina Schaffners Kopf gab es beispielsweise eine unfreundliche Stimme, die pausenlos infrage stellte, was sie erreichte, und ihre Erfolge in den Dreck zog.
Die quälende innere Stimme ist weit verbreitet und unter den verschiedensten Namen bekannt: innerer Kritiker, grausames Über-Ich, innerer Dämon oder Saboteur, Richterinstanz oder negativer innerer Monolog. Anna Katherina Schaffner ergänzt: „Ganz egal, welchen Namen wir dieser Instanz geben – das Gute ist, dass es Strategien gibt, ihre kraftraubende Wirkung zu reduzieren und unsere Energie stattdessen nach außen zu richten, um sie für die Menschen und Projekte einzusetzen, die uns am Herzen liegen.“ Quelle: „Erschöpft“ von Anna Katherina Schaffner
Von Hans Klumbies