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Ohne Konflikte sterben Beziehungen

Ein O-Ton aus der Paartherapie: „Unsere Beziehung ist schon länger tot.“ – „Wann etwa ist sie denn gestorben?“ – „Etwa in dem Monat, wo wir aufgehört haben, uns zu streiten.“ Reinhard K. Sprenger erklärt: „Zu irgendeinem Zeitpunkt kippt häufig der heiße Konflikt in ein kaltes Anschweigen, das oft schlimmer ist als die lautstarken Angriffe, die es ausgelöst haben.“ Warum? Weil man keine gemeinsame Zukunft mehr sieht. Weil die Hoffnung erloschen ist. Dann investiert man nicht mehr in den Konflikt, sondern meidet die offene Auseinandersetzung. Heimlich beschäftigt man sich mit alternativen Lebensszenarien, bereitet den Exit vor. Es ist eben kein Zeichen von Stabilität, keinen Konflikt zu haben. Im Gegenteil: Es ist ein Alarmzeichen. Reinhard K. Sprenger zählt zu den profiliertesten Managementberatern und wichtigsten Vordenkern der Wirtschaft in Deutschland.

Konflikte sollten man das Gemeinsame nicht zerstören

Das prägt auch das „Wie“, das prägt auch den Umgang mit Konflikten. Der ist weniger der einen oder anderen individuellen Fähigkeit zu danken. Sondern schlicht der Erwartung, dass man einen Weg miteinander vor sich hat. Insbesondere dann, wenn eine wirklich langfristig angelegte Kooperationsbeziehung auf dem Spiel steht, gilt, Konflikte so auszutragen, dass die Verbindung auf Dauer keinen Schaden nimmt. Die Griechen, schreibt Platon, „kämpfen untereinander als solche, die sich wieder vertragen wollen.“

Sie waren Gegner, nicht Feinde. Sie wollten nach dem Krieg wieder kooperieren. Auch die meisten Menschen verhalten sich völlig anders, wenn sie mit ihrem Konfliktpartner später weiter zusammenarbeiten, weiter befreundet oder verheiratet bleiben wollen. Reinhard K. Sprenger weiß: „Sie disziplinieren sich, nehmen sich zurück. Ihre Neigung wächst, den Konflikt so auszutragen, dass das Gemeinsame nicht dauerhaft überschattet wird.“ Sie sorgen dafür, dass der andere sein Gesicht nicht verliert.

Ohne gemeinsamen Weg erlischt die Mäßigung

Sollte man hingegen wissen, dass kein gemeinsamer Weg mehr vor einem liegt, erlischt alles, was Bindung erzeugt. Dann sterben Selbstdisziplinierung und Mäßigung. Wer heimlich den Gedanken in sich trägt „Es wäre besser, du wärst gar nicht da!“, der wird immer neue Gründe für Konflikte finden. Sie kommen zuverlässig wieder wie eine Gürtelrose. Die Erwartung respektive Nicht-Erwartung gemeinsamer Zukunft gilt sowohl für das Privatleben als auch für das Geschäftsleben.

Diese Erwartung gilt genauso für alte Menschen, denen nur noch ein paar Lebensjahre vergönnt sind. Sie gilt auch für Kinderlose, deren Verantwortungshorizont sich nicht selten auf die eigene Lebenszeit beschränkt. Sie gilt für den Manager vor der Pensionierung, der verglimmt, anstatt noch einmal aufzuflammen. Diese Erwartung gilt für die Volatilität des Wirtschaftslebens insgesamt. Denn viele Mitarbeiter können sich kaum mehr darauf verlassen, dass es ihre Abteilung in einigen Jahren noch gibt. Quelle: „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies

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