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Ohne Kompromisse geht es selten gut

Unterschiedliche Interessen lösen sich nicht einfach auf, sondern sind im Regelfall nur zu vermitteln. Dabei wird man beide Seiten etwas „verraten“ müssen. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Es geht darum, bei einheitlicher Materie, aber divergierender Meinung ein Gleichgewicht von Gewinn und Verzicht zu erzielen.“ Das nennt man „Kompromiss“. Der hat jedoch keinen guten Leumund: Das Adjektiv „faul“ ist schnell zur Stelle, auch als „kompromisslerisch“ will niemand gelten. Alle Kompromisse seufzen. Zu Unrecht, meint Reinhard K. Sprenger. Wenn ein Mensch schon etwas Leben angehäuft hat, dann ist ihm klar, dass es im Leben vor allem um Ausgleich geht. Nicht jede Regel ist Reglementierung, nicht jede Bindung ist Behinderung. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

Der liberale Rechtsstaat ist ein Kompromiss

Die große Forderung der Französischen Revolution, die Trias „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ bindet gänzlich feindliche Werte aneinander. Da passt nichts zusammen. Eine demokratische Gesellschaft stellt sich diesen Widersprüchen und sucht dann pragmatisch nach temporären Möglichkeiten der Verknüpfung. Eben nach Kompromissen. Auch der liberale Rechtsstaat ist ein Kompromiss, eine Mittelposition: zwischen rechtsfreien Räumen und Totalüberwachung. Im Kompromiss geht die ideale Ethik über in die pragmatische.

Reinhard K. Sprenger betont: „Im Kompromiss muss man sich dem anderen stellen, sich mit der Alternative der eigenen Überzeugung auseinandersetzen.“ Und das hat es in sich! Es macht offen für den Zufall, die Unsicherheit, die Kontingenz – etwas ist weder notwendig noch unmöglich. Es gibt keine Entscheidung, die man nicht auch anders fällen hätte können. Es gibt einem Menschen einen Vorgeschmack auf das, was ihn morgen vielleicht überrascht. Denn der Kompromiss beendet ja nicht die Mehrdeutigkeit, aber er blockiert das Handeln nicht mehr.

Eine Strategie ist oft Zufall

Mehrdeutigkeit wird gleichsam eingeklammert. Das tut im Einzelfall weh. Was aber auf dem Spiel steht, ist die Zukunft, denn das Spiel soll ja weitergehen. Keineswegs beginnt man laut Reinhard K. Sprenger also bei makellosen Kompromissen, sondern man beginnt mit Kompromissen, die an Kompromisse anknüpfen, die wiederum an Kompromisse anknüpfen. Die Prinzipien denkt man sich manchmal hinzu – später, so wie man oft später Strategie nennt, was sich zuvor als Zufall ereignet hat.

Jeder verdichtet und dichtet seine Lebensgeschichte oft im Nachhinein zu einer konsistenten Zusammenschau. Reinhard K. Sprenger betont: „Natürlich ist Erfolg das, was folgt. Aber nicht immer folgerichtig folgt. Der Zufall spielt eben auch eine Rolle.“ Kompromisse funktionieren allerdings nur, wenn es tatsächlich Kompromisse sind. Wenn eine Partei sich als Verlierer sieht, ist der Kompromiss nicht lange tragfähig. Alle Handelnden müssen auf ihre Kosten kommen. Quelle: „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies

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