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Die Erwartungen anderer sind nicht die eigenen

Hin und wieder wird es ratsam sein, sich nach den Erwartungen anderer zu richten, will man in einer Gruppe oder einem Team anerkannt werden. Viele Menschen haben aber die Erwartungen anderer derart verinnerlicht, dass sie sie für ihre eigenen halten. Reinhard K. Sprenger weiß: „Das Drama beginnt, wenn Sie sich den Erwartungen anderer reflexhaft unterwerfen. Bisweilen, bevor sie überhaupt ausgesprochen wurden.“ Man folgt dann dem Psychoantreiber „Mach´s andern recht!“ Sein Motto: „Du wirst nur dann geliebt, wenn du anderen gefällst!“ Wer hat dies nicht – so oder ähnlich formuliert – seit frühesten Kindertagen gehört? Erziehung läuft oft darauf hinaus, dass man möglichst nett sein und anderen gefallen soll. Später dann wird von einem erwartet, dass man geradezu enthusiastisch morgens zur Arbeit rennt, leidenschaftlich ist und sich mit der Abteilung, dem Unternehmen, dem Produkt identifiziert. Reinhard K. Sprenger, promovierter Philosoph, ist einer der profiliertesten Führungsexperten Deutschlands.

Gefallsucht kann desaströse Folgen haben

Menschen mögen die Ja-Sager mehr als die Nein-Sager, wollen lieber an etwas hängen als unabhängig sein, fühlen sich oft nur dann in Ordnung, wenn andere sagen, dass man in Ordnung ist. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Abgelehnt werden ist etwas, was wir möglichst vermeiden. Und diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn wir die Erwartungen anderer nicht erfüllen. Gefallsucht und vorauseilender Gehorsam sind die desaströsen Folgen.“ Die weibliche Sozialisation ist in dieser Hinsicht oft noch druckvoller als die männliche.

Das hat Konsequenzen für das Konfliktverhalten. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Viele Menschen haben Mühe, ihre Anliegen zu artikulieren, weil sie fürchten, dass andere sie dann für Zicken, Störenfriede, Querulanten, Miesmacher, ja Wutbürger halten. Und folglich sich ungeliebt fühlen, einsam werden.“ Das Gefallenwollen hat aber auch Konsequenzen für ein durchgetaktetes Leben, das vielen Menschen immer weniger Freude bereitet. Nicht die „Zeitnot“ ist das Problem, wir haben alle dieselbe Zeit. Sondern die Erwartungen anderer.

Viele Zeitgenossen genießen ihre Zeit nicht

Reinhard K. Sprenger stellt fest: „Diese erzeugen das Missverhältnis zwischen den explodierenden To-do-Listen und den 24 Stunden, die wir dafür zur Verfügung haben. Das reicht hinten und vorne nicht.“ Auf diesen Listen stehen Dinge, die man als legitime Erwartungen der Umwelt erlebt. Man fürchtet die Frage: „Warum hast du dies oder jenes nicht getan?“ Und die Erwartung an sich selbst ist, dass man den Erwartungen anderer entsprechen soll.

Das kann man tun, muss man aber nicht tun. Man kann sich auch sagen: „Take back control!“ Sonst endet man wie viele Zeitgenossen, die ihre Zeit nicht genossen. Reinhard K. Sprenger erläutert: „Die Mechanik dahinter ist so simpel wie fatal: Meist richten wir uns nach den Erwartungen anderer, ohne den Preis, den wir dafür zahlen, wirklich zu hinterfragen.“ So pflegen vielen Frauen ihre alten Verwandten, weil es von ihnen erwartet wird. Quelle: „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies

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