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Ein Konflikt ist kein Wettbewerb

Wer Konflikte als Gewinner-Verlierer-Modell spielt, will gewinnen. Und hat damit verloren: nämlich den Verlierer. Als Freund, als Kollegen, als Ehemann, als Kraft der Solidargemeinschaft. Reinhard K. Sprenger weiß: „Sie können sicher sein: Für Ihren Sieg werden Sie einen Preis bezahlen. An einem Ort, wo Sie es nicht für möglich halten. Zu einem Zeitpunkt, auf den Sie nicht vorbereitet sind. Aber Sie werden ihn zahlen.“ Denn niemand lässt eine Niederlage auf sich sitzen. Das „schlagende“ Argument ist nämlich bei Weitem nicht immer das Beste, was sich Menschen gegenseitig antun. Deshalb ist es wichtig – wenngleich ungemein schwer – Wettbewerbs-Mentalität aus einem Konflikt herauszuhalten und ihn mehr als einen Tanz der Energien zu verstehen. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

Manche Menschen wollen „ums Verrecken“ Rechthaben

Geradezu unmöglich wird ein vernünftiger Umgang mit Konflikten, wenn man das Gewinner-Verlierer-Modell für die Tribüne spielt. Wie viele Konflikte sind zum Selbstzweck geworden, nur weil jemand zuschaut? Reinhard K. Sprenger nennt Beispiele: „Die Konflikt-Simulation im Wettkampf, nahezu jede Art von Meeting im Unternehmen, Pausenhofgerangel, Online-Foren, WhatsApp-Gruppen.“ Oder auch Talkshows – Dramen der Medien-Demokratie. Reinhard K. Sprenger weist in diesem Zusammenhang auf eine Paradoxie hin: Rechthaben hat mitunter eine größere Kraft als der Wille zum Überleben.

Dann fragt ein Mensch nicht mehr „Wie kann ich überleben?“ sondern „Wie kann ich gut überleben?“ oder „Welche Annehmlichkeiten sind erstrebenswert?“ Mit der Befriedigung der Grundbedürfnisse findet sich dann ein solcher Mensch nicht mehr ab. Dann will man im Unternehmen „ambitionierte“ Ziele erreichen. Dann greift man zu moralisch grundierter Rechtsbeugung, wie es die Ökopopulisten handhaben. Manche Menschen sind gar „ums Verrecken“ verbohrt in ihr Rechthaben.

Das Rechthaben hat schon viele Beziehungen zerstört

Auf der höchsten Eskalationsstufe wird dafür der eigene Untergang in Kauf genommen, und zwar nicht nur im Rahmen einer Diskussion, sondern auch im größeren Maßstab. Reinhard K. Sprenger erläutert: „Krieg ist dafür ein tödliches Beispiel, Gesinnungsethik auch. Gesinnungsethiker sind jene Figuren, die uns die Helden in Hollywood-Filmen vorführen. Die fahnden ruhelos nach Missständen, die zurechtzurücken sind, oftmals mit Waffengewalt.“ Umstandslos setzt man Rechthaben mit Gutsein gleich. Da mögen links und rechts hundert Tote liegen – der Held ist moralisch auf der richtigen Seite.

Reinhard K. Sprenger stellt fest: „Das Rechthaben hat schon viele Ehen, Freundschaften und Beziehungen zerstört. Flächendeckend ist das gegenwärtig in den USA zu beobachten, wo Republikaner und Demokraten sich wechselseitig lähmen.“ Philosophiegeschichtlich prominent ist das Beispiel des französischen Philosophen Louis Althusser, der seine Frau ermordete, wie sie, wie man sagt, mit ihm in einer Detailfrage des Marxismus nicht übereinstimmte. Quelle: „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies

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