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Angst hat einen enorm positiven Nutzen

Angst und Furcht haben letztendlich einen enorm positiven Nutzen. Markus Hengstschläger erläutert: „Ängste wurden im Zuge der Evolution verankert, sichern das Überleben und sind ohne Zweifel von so großer Bedeutung, dass der Homo sapiens heute ohne sie nicht wäre, was er ist.“ Im Angstzustand werden Prozesse im Gehirn ausgelöst, die schließlich zur Ausschüttung von entsprechenden Hormonen im Körper führen. So kommt es neben so manchen anderen Reaktionen zu den wichtigsten Konsequenzen dieser biochemischen Prozesse – der Steigerung der Aufmerksamkeit, der Konzentration und der Leistungsfähigkeit. Unter Angst läuft der Mensch schneller, und mit Angst denkt der Mensch anders. Der Physiologe Walter Cannon hat den Begriff „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ geprägt, um damit entsprechend schnelle, intuitive Entscheidungen und Anpassungen in einer Angst- beziehungsweise Stressreaktion zu beschreiben. Professor Markus Hengstschläger ist Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUni Wien.

Das richtige Maß an Angst macht den Menschen wachsam

Ängste können aber auch Unbeweglichkeit auslösen, sie können lähmen. Die extremste Form davon, die Angststarre, ist bei vielen Spezies verankert. Als Konsequenz seiner Evolution trägt auch der Homo sapiens dieses Konzept noch in sich. Es war schon immer quasi eine Lebensversicherung, durch stilles Ausharren von einem möglichen Angreifer unbemerkt zu bleiben. Und wenn man nicht weiß, was die Zukunft bringt, könnte es dann vielleicht besser sein, sich ganz ruhig zu verhalten?

Markus Hengstschläger stellt fest: „Es begegnet einem ja nicht selten immer noch die Idee, dass eigentlich doch alles so bleiben müsste, wie es ist, wenn man nichts tut, beziehungsweise zumindest nichts verändert.“ Das Gegenteil ist der Fall. „Wenn wir wollen, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert“, schreibt Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Das richtige Maß an Angst macht den Menschen also wachsam und führt eventuell sogar zu konzentrierten Abwägungen.

Der Mensch lernt Angst auch von Vorbildern

Es ist außerdem ein sehr erhebendes Gefühl, wenn die Furcht beziehungsweise Angst einen dann wieder verlässt. Angst empfinden zu können hat durchaus auch eine genetische Komponente. Markus Hengstschläger weiß: „Interessanterweise lernt der Mensch Angst aber zusätzlich von Vorbildern. Wenn die Mutter vor einer tödlichen Gefahr flieht, macht es für das Kind Sinn, auch davonzulaufen, auch wenn es die Gefahr selbst noch nicht kennt und selbst noch keine Erfahrungen damit gemacht hat.“

Es ist eine sinnvolle Überlebensstrategie, dass das Kind als potenzielle Beute von der Angst der Mutter „angesteckt“ wird und dann flieht, auch wenn es diesen Räuber noch nicht gesehen hat. Dieses Phänomen kennt man auch beim Menschen heute noch. Wenn die Eltern zum Beispiel Angst vor Hunden haben und Hunden ständig aus dem Weg gehen, können die Kinder ähnliche Ängste vor Hunden entwickeln, sich diese Angst quasi „abschauen“. Quelle: „Die Lösungsbegabung“ von Markus Hengstschläger

Von Hans Klumbies

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