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Der Hass hat nichts Positives an sich

Mit dem Hass ist man immer schon fertig. Carolin Emckes erfolgreiches Buch „Gegen den Hass“ hat dies prägnant erfasst. Es gibt nur ein „gegen“, es gibt kein „dafür“. Konrad Paul Liessmann stellt fest: „Negative Gefühle gibt es viele, aber nur dem Hass kann anscheinend nichts Positives abgewonnen werden.“ Der Hass wirkt schon immer delegitimiert. Niemandem fiele es ein, ein Gesetz zu fordern, das Wutausbrüche, Zornesfalten, gar Angstzustände verbietet. Den Hass jedoch würde man wie die Hassrede am liebsten unter Strafe stellen. Er ist ein einziger Effekt, den man generell, nicht nur situativ als unzulässig erachtet. Mit dem Hass ist man immer schon fertig. Es geht nur noch darum, wie man ihn eindämmen, neutralisieren, entschärfen und bekämpfen kann. Konrad Paul Liessmann ist Professor emeritus für Philosophie an der Universität Wien, Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist.

Hass ist auf Verbalisierung und Aktionismus angewiesen

Aufklärung tut not, pädagogische Besorgnis ist geboten, Filter müssen eingebaut, und das Strafrecht muss man im Hinblick auf Hassattacken und medial verbreitete Hassreden schärfen. Woran aber erkennt man diese? Konrad Paul Liessmann erklärt: „Anders als Wut und Zorn ist Hass in hohem Maße auf Verbalisierung und Aktionismus angewiesen. Bis auf den hasserfüllten Blick kennt zumindest die Alltagspsychologie keine verlässlichen physiologischen Anzeichen für dieses fundamentale Gefühl.“

Um eine These von Judith Butler zu variieren: „Hass muss sprechen.“ Das Verb „hassen“ verwendet man mitunter anders als das Substantiv „Hass“. Während Letzteres immer ein negativ konnotiertes Aggressionsgefühl beschreibt, kann das Zeitwort auch den Charakter einer eher harmlosen ästhetischen Urteilsverkündung annehmen: Ich hasse Krawatten. Ich hasse Turnschuhe. Ich hasse Philosophie. Solche manchmal mit Augenzwinkern vorgetragenen Erkenntnisse gehen glatt über die Lippen. Der hauptwörtlich gebrauchte Hass bleibt ein Ärgernis.

Der Hass ist die Kehrseite der Liebe

Es ist immer der Hass der anderen, der einen Menschen irritiert, erschüttert, verzweifeln lässt. Konrad Paul Liessmann fügt hinzu: „Der eigene Hass ist davon stets ausgenommen. Dieser ist gerechtfertigt, ist eigentlich gar kein Hass, sondern ein Aufschrei, ein Protest, eine kleine Provokation, eine notwendige Empörung, ein Diskussionsanstoß.“ So feinfühlig man mittlerweile auf alle Anzeichen des Hasses in sozialen Medien reagiert, so erfinderisch ist man im Kalmieren der eigenen negativen Gefühle.

Fertig ist man immer nur mit dem Hass der anderen, mit dem eigenen Hass hat man meistens noch gar nicht angefangen. Zwar sind sich in der Ablehnung von Hass und Hetze alle einig, doch selten fragt man, was Hass für ein Gefühl ist, aus welcher Quelle sich dieser speist, was das Aggressive, Verletzende und Verstörende am Hass ausmacht. Konrad Paul Liessmann weiß: „Und nur allzu oft wird die alte Einsicht, dass der Hass die Kehrseite der Liebe ist, vergessen.“ Quelle: „Der Hass“ von Konrad Paul Liessmann im Band 25. des Philosophicums Lech „Der Hass“ von Konrad Paul Liessmann (Hg.)

Von Hans Klumbies

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