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Partner können gemeinsam untergehen

Die Beziehung zwischen Mensch und Natur gleicht den Szenen einer Partnerschaft, die in Schwierigkeiten geraten ist: Die beiden Beteiligten vermuten, dass sie sich – vor langer Zeit – wohl einmal geliebt haben müssen, woran sie sich manchmal nur noch schwach und wehmütig erinnern. Joachim Bauer ergänzt: „Inzwischen hat sich das Zusammenleben jedoch zu einer Abfolge heftiger Auseinandersetzungen entwickelt. Diese werden zwar immer wieder von Momenten gegenseitiger Treueschwüre unterbrochen, denen kurze Zeit später dann aber neue schwere Konflikte folgen.“ Wiederholte Trennungsversuche sind gescheitert. Beide Partner sind inzwischen aneinander erkrankt. Langsam beginnt sich die Erkenntnis breitzumachen, dass das weitere Zusammenleben auf einen gemeinsamen Untergang hinauslaufen könnte. Da beschließen die beiden, an den Ort zurückzukehren, an dem sie sich einst kennengelernt und ineinander verliebt hatten. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.

Der moderne Mensch hat sich von der Natur entfremdet

Diesen Ort hatten sie aber verlassen, nachdem die Konflikte begonnen hatten, die seither ihr Zusammenleben prägen. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Das Ziel der Rückkehr an den Ort, an dem alles begann, kann aber ein lohnender Versuch sein, sich zu erinnern und Revue passieren zu lassen, was den Wandel vom gemeinsamen Glück zum Dauerzustand ständigen Aneinander-Leidens bewirkt hat. Eine solche Rückkehr an den Ausgangspunkt der Schwierigkeiten unternimmt Joachim Bauer mit seinem Blick auf die Beziehung von Mensch und Natur.

Das bedeutet eine Rückkehr in eine Zeit der Menschheitsgeschichte, in welcher die Natur für den Menschen ein ständig präsentes, ständig gefühltes Gegenüber war und in den Pflanzen und Tieren bis zu einem gewissen Grade Personeneigenschaften zugemessen wurden. Es scheint erst der inzwischen weit fortgeschrittenen Entfremdung des modernen Menschen von seiner natürlichen Welt bedurft zu haben, um die Natur wieder als ein bedeutsames Gegenüber wahrzunehmen.

Die Natur fühlt und reagiert

Dass die Natur als „Gegenüber“ des Menschen nicht nur eine Ansammlung von biologischen Apparaten, sondern in ihrer systemischen Gesamtheit ein Wesen ist, das fühlt und reagiert, ist uraltes menschliches Wissen. Joachim Bauer stellt fest: „Dass manche dieses Wissen für überholt und für romantischen Unsinn halten, ist eine der vielfältigen Ursachen der globalen Katastrophe, der wir uns nähern.“ Das begreifen seit einigen Jahren auch die Wissenschaften.

Die Menschheit und die natürliche Welt waren über Hunderttausende von Jahren durch gegenseitige Empathie miteinander verbunden. Dankbarkeit, Respekt und Demut gegenüber der Natur finden sich, wie auch viele Untersuchungen zeigen, nicht nur bei zahlreichen heute noch existierenden indigenen Völkern. Sie finden sich auch bei vielen Menschen aus vermeintlich fortschrittlichen Industriestaaten. Ein heiliger Respekt vor der Natur und ein Wissen darüber, dass die Verweigerung dieses Respekts einen gefährlichen Absturz des Menschen nach sich ziehen kann, zeigt sich bereits in den ältesten Mythen der Menschheitsgeschichte. Quelle: „Fühlen, was die Welt fühlt“ von Joachim Bauer

Von Hans Klumbies

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