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Menschen können ihre Handlungen steuern

Die Theory of Mind geht einher mit der Kompetenz, sich eine Vorstellung von den Konsequenzen des eigenen Handelns machen zu können. Sie stellt damit eine Vorbedingung für eine gezielte Steuerung der eigenen Impulse dar, die wiederum Grundvoraussetzung für zielgerichtetes und verantwortungsvolles Handeln ist. Hans-Otto Thomashoff stellt fest: „Das eigene Handeln verantwortungsbewusst steuern zu können – auch das muss gelernt werden. Dieser Lernprozess besteht im Wesentlichen darin, einen Handlungsimpuls, den unser Gehirn setzt und der meist begleitet ist von einem Gefühl, ihn bei Bedarf gezielt hemmen zu können.“ Erst im Erwachsenenalter ist eine solche Impulshemmung voll ausgebildet, weil erst dann die dafür verantwortlichen Strukturen im Frontalhirn – jener Teil des Gehirns, der für bewusste Steuerung zuständig ist – ausgereift sind. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

Der Verstand ist die wichtigste Entscheidungsinstanz

Jedoch gelingt die bewusste Impulssteuerung keineswegs immer und jedem. Das Grundmuster, nach dem das menschliche Gehirn arbeitet, lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen. Ein äußerer Reiz wird blitzschnell vom Gefühlszentrum bewertet, das einen Handlungsimpuls setzt, der, sofern das eben gelernt wurde, bei Bedarf vom Verstand gesteuert werden kann. Gefühl, Handlung und Verstand sind also die drei ineinandergreifenden psychischen Ebenen, mit deren Hilfe man mit der Umwelt interagiert.

In der westlichen Kultur haben die Menschen den Verstand zur wichtigsten Entscheidungsinstanz erkoren: „Cogito ergo sum: Ich denke, also bin ich.“ Hans-Otto Thomashoff erläutert: „Das Denken wurde zum Motor für unsere kulturelle Entwicklung und zur Richtschnur für den Wert des Geschaffenen. Geistige Arbeit wird oder wurde zumindest lange ein höherer Wert beigemessen als körperlicher Arbeit. Wir haben das Verstehen, die neugierige Eroberung der materiellen und geistigen Welt zum wichtigsten Ziel unserer Existenz erklärt.“

Im Fernen Osten zählt allein die Handlung

Menschen suchen nach den entlegensten Winkeln der Erde und des Universums und nach den Regeln, die in ihnen gelten, und streben dabei andauernd nach mehr. Aus Sicht der Hirnforschung haben die Menschen mit dieser permanenten Suche das Motivationssystem und damit das Dopamin an die erste Stelle des Gesellschafts- und persönlichen Lebensentwurf gerückt. Der Psychoanalytiker Erich Fromm hat das in seinem Buch „Anatomie der menschlichen Destruktivität“ auf den Punkt gebracht.

Erich Fromm schreibt: „Die Idee, dass man die Wahrheit auf dem Weg des Denkens finden könne … führte nicht nur zum Dogma, sondern auch zur Wissenschaft … zur katholischen Kirche und zur Entdeckung der Atomenergie.“ Dem entgegengesetzt steht in den Denkschulen des Fernen Ostens nicht die Suche nach einer absoluten Wahrheit im Vordergrund. Das Denken an sich ist unbedeutend, es zählt allein die Handlung. Hans-Otto Thomashoff erklärt: „Die Frage, ob das Leben eines Menschen gelungen ist, wird an seinen Handlungen und nicht an den Errungenschaften seines Geistes gemessen.“ Quelle: „Mehr Hirn in die Politik“ von Hans-Otto Thomashoff

Von Hans Klumbies

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