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Die Intentionalität ist die Urströmung der Seele

Die Ideen der Neurosenlehre von Harald Schultz-Hencke sind nach seinen eigenen Worten eine Mischung der Ideen von Sigmund Freud, Alfred Adler und C.G. Jung. Dennoch hatte seine Form der Psychoanalyse durchaus etwas Originelles, da er in seine Lehre nicht nur die Tiefenpsychologie, sondern auch die Biologie, die Philosophie und die Humanwissenschaften hineingearbeitet hatte. Vor allem kritisierte Harald Schultz-Hancke den psychoanalytischen Triebbegriff und das Konstrukt der Libido. Triebe waren seiner Meinung nach erschlossene seelische Instanzen, die nicht direkt beobachtet werden können. Er vertrat das Konzept, dass Seelenleben durch eine Vielzahl von autochthonen Antriebserlebnissen oder Bedürfnissen bewegt werden.

Das Band des Kindes zur Welt

Für Harald Schultz-Hencke ist die Tafel der Antriebe eines Sigmund Freud zu karg und zu oberflächlich ausgefallen. Für ihn genügt es n nicht für falsch, aber für unvollständig. Er ergänzt und erweitert die Befunde von Sigmund Freud, indem er das Schema der prägenitalen Libidostufen hinter sich lässt und eine Entwicklungspsychologie entwickelt, die realistischer und lebensnäher als die von Sigmund Freud zu sein scheint.

Nach Harald Schultz-Hencke ist das klassisch Seelische ganz einfach das intentionale Antriebserleben, das heißt die Zuwendung des Menschen zur Welt und die Teilhabe an ihr. Schon in den ersten Lebenswochen knüpft das Neugeborene laut Harald Schultz-Hencke ein Band zur Welt, die ihm durch die Mutter beziehungsweise durch die nahrungsspendende Brust dargeboten wird. Die Intentionalität ist für ihn die Urströmung in der Psyche. Von diesem Schicksal des Erlebnisstroms im ersten Lebensjahr hängt sehr viel von der späteren Form der Persönlichkeit eines Menschen ab.

Die Urform der Aggression

Bald wird das Intentionale aber laut Harald Schultz-Hencke von dem Wunsch überlagert, von der Welt Besitz zu ergreifen. Mit gezielten Bewegungen ergreift der Säugling die Umwelt und will sie festhalten. Er verallgemeinert das Thema der analen Lust und postuliert ein retentives Antriebserleben, einen Wunsch und Willen zu behalten, was man besitzt. Sobald das Kind gehen und stehen kann, bemächtigt es sich auch motorisch seiner Umwelt. Beim Spielen will es das Innere der Gegenstände erforschen und macht sie dabei manchmal kaputt, wodurch das destruktive Wesen des Menschen zum Vorschein kommen könnte.

Harald Schultz-Hencke widerspricht diesem uralten Vorurteil. Nach seiner Ansicht ist die Urform der Aggression das Herangehen an die Dinge. Wenn ein Kind diesbezüglich frei agieren darf, dann wird es seiner Meinung nach kaum lebenslängliche Zerstörungswut entwickeln. Vielleicht ermöglicht ein Zerstörendürfen in der Kindheit sogar die spätere Schaffenskraft und Werkfreude eines Menschen, die für seine psychische Gesundheit verantwortlich sind.

Kurzbiographie: Harald Schultz-Hencke

Das Hauptwerk von Harald Schultz-Hencke trägt den Titel „Der gehemmte Mensch“. Zu seinen weiteren bedeutenden Werken zählen „Einführung in die Psychoanalyse“, „Schicksal und Neurose“, „Lehrbuch der Traumanalyse“, das „Lehrbuch der analytischen Psychotherapie und „Das Problem der Schizophrenie“. Harald Schultz-Hencke starb mit 61 Jahren an den Folgen einer Blinddarmoperation.

Von Hans Klumbies

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