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Im Konsumismus werden Depressionen zur Volkskrankheit

Wenn ein Mensch einen sicheren Ort verliert, brechen bei ihm heftige Emotionen aus. Es mischen sich dabei Trauer und Angst, woraus oftmals auch das Bedürfnis entsteht, innezuhalten und abzuwarten. In manchen Fällen verleugnen die Betroffenen sogar den Verlust und geben sich der trügerischen Hoffnung hin, dieser werde wie durch magische Kräfte wieder aufgehoben und alles würde wieder so sein wie zuvor. Die Trauerreaktion ist laut Wolfgang Schmidbauer biologisch sinnvoll. Die Menschen werden motiviert, sich anzustrengen, Heimaten zu erhalten, wichtige Menschen an sich zu binden, nicht leichtfertig aufzugeben, was ihnen Geborgenheit vermittelt. Wolfgang Schmidbauer schreibt: „Trauer benötigt Zeit und Raum, um die Veränderungen zu klären, welche durch den Verlust entstehen: Sie bringen ja nicht nur Mangel, sondern auch Gewinn.“ Wolfgang Schmidbauer arbeitet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Lehranalytiker und Paartherapeut in München.

Trauer und Depression sind sehr verschieden

Während die Trauer Menschen Grenzen erleben lässt, beruht der Konsumismus darauf, Grenzen zu verleugnen und Negatives durch Verdrängung zu entsorgen. Wolfgang Schmidbauer erklärt, dass Trauer und Depression sich ähnlich sind, aber dennoch sehr verschieden. Er definiert den Unterschied wie folgt: „Die Trauer ist eine von Gefühlsausdruck, Empathie und Kommunikation mit anderen Menschen seelische Reaktion, die Depression ein schwermütiger Stillstand mit Gefühlen der Sinnlosigkeit und inneren Leere.“

Im Konsumismus wird die Trauer zur Volkskrankheit

Auch in der Trauer gibt es gemäß Wolfgang Schmidbauer depressive Elemente, die sich in bedrückenden und beschwerenden Gefühlen äußern. Wolfgang Schmidbauer weist darauf hin, dass Psychologen und Psychiater auffällig häufig an depressiv Erkrankten die Unfähigkeit beobachten, über das zu sprechen, was sie belastet. Dies hängt eng zusammen mit einem in ihrer Kindheit erlebten Druck, die Besten und Schönsten für ihrerseits belastete Eltern zu sein. Wolfgang Schmidbauer zieht folgendes Fazit: „Wenn im Konsumismus die Depressionen zur Volkskrankheit werden, liegt das daran, dass Trauer nicht mehr zugelassen wird. Trauer verlangsamt einen Menschen, sie stimmt ihn nachdenklich und schwermütig, aber er bleibt tröstbar und im Kontakt mit anderen.“

Von Hans Klumbies

 

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